Kommentar russisch-ukrainischer Konflikt: Unverhohlene Einmischung

Mit der Kritik an Kiew will der Kreml ein vermeintliches Signal der Stärke an die eigenen Bevölkerung senden.

Dass die Beziehungen zwischen Moskau und Kiew seit der Wahl von Wiktor Juschtschenko zum Präsidenten der Ukraine unterkühlt sind, ist bekannt. Mit dem offenen Brief von Präsident Dmitri Medwedjew an seinen ukrainischen Amtskollegen dürften sich die Spannungen jetzt noch weiter verschärfen.

Dabei geht es bei Medwedjews Rundumschlag nur vordergründig um Streitigkeiten wegen der Schwarzmeerflotte oder Kiews Ambitionen, der Nato beizutreten. Mindestens genauso wichtig ist der Subtext der Botschaft: Die Ukraine ist nach wie vor unser originäres Einflussgebiet, wir haben in der ukrainischen Innenpolitik ein gewichtiges Wort mitzureden und wollen einen uns genehmen Präsidenten.

ist in der Auslandsredaktion der taz für Osteuropa und den Balkan zuständig.

Schon bei den ukrainischen Präsidentschaftswahlen 2004 hatte der russische Staatspräsident Wladimir Putin Wahlkampfhelfer für den moskautreuen Kandidaten Wiktor Janukowitsch gespielt. Dessen Niederlage bei den Neuwahlen nach der orangenen Revolution war ein herber Rückschlag für Moskau. Diesmal stehen Russlands Chancen besser. Die Ukraine steckt in einer politischen Dauerkrise und Juschtschenko hat mit vier Prozent Zustimmung kaum Chancen, als Sieger aus den Wahlen im kommenden Januar hervorzugehen.

Der unverhohlen formulierte außenpolitische Machtanspruch Russlands hat aber noch ein anderes Ziel: Er ist ein vermeintliches Signal der Stärke an die eigene Bevölkerung und soll von innenpolitischen Problemen, wie der wachsenden Gewalt im Kaukasus oder sozialen Verwerfungen infolge der Wirtschaftskrise, ablenken. Bei der eigenen Bevölkerung könnte das klappen. Die anderen ehemaligen Sowjetrepubliken dürften sich ob dieser Politik mittelfristig aber weiter von Moskau entfernen.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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