Kommentar Sorgerechts-Entscheidung: Väter-Recht auf Elternsorgen

Beim Sorgerecht wird in strittigen Fällen in Zukunft das Gericht bemüht werden - nicht der schlechteste Weg.

Ein getrennt lebender Vater, der bei der Erziehung seines Kindes mitmischen will, bedeutet Ärger. Diese Auffassung vertreten nicht wenige MitarbeiterInnen der Jugendämter. Sie raten ledigen Müttern deshalb, diesen Vätern nicht ein gemeinsames Sorgerecht einzuräumen.

Die Rechtslage kommt ihnen bislang entgegen: Eine ledige Mutter hat das alleinige Sorgerecht, der Vater kann keinen Einspruch erheben. Eine solche Ungleichbehandlung ist diskriminierend: Denn während geschiedene Eltern sich bei wichtigen Entscheidungen für das Kind einigen müssen, weil bei ihnen das "gemeinsame Sorgerecht" die Regel ist, sind unverheiratete Väter im Nachteil. Gut, dass sich dies nun ändern soll.

Bisher geht das deutsche Recht von der Annahme aus: Wäre der Vater kooperativ, würde die Mutter ihm doch das Sorgerecht nicht verweigern, so sagt das deutsche "Mutterrecht" sinngemäß. Wer da erst klagen müsse, trage mit dem Konflikt sicher nicht zum Kindeswohl bei, meinte das Bundesverfassungsgericht noch 2007. Es bat aber um eine empirische Überprüfung dieser Annahme.

Die Untersuchung läuft noch. Deshalb lässt sich schwer sagen, ob die beiden Extremfälle, die immer gern bemüht werden, tatsächlich so viel mit dem Alltag zu tun haben: Die einen beschwören das Bild des väterliche Querulanten herauf, der nie im Kinderzimmer erschienen ist, nach der Trennung aber plötzlich über die Wahl der Schule oder das Feriencamp entscheiden will. Die anderen suggerieren, dass viele Mütter nach der Trennung schlicht keine Lust hätten, sich weiter mit ihrem Expartner auseinanderzusetzen. Letzteres wäre nicht gut fürs Kind, das, wie gerne vergessen wird, schließlich ein Recht auf beide Elternteile hat.

Zur Realität gehört aber auch, dass 90 Prozent der Alleinerziehenden in Deutschland Mütter sind. Ihr größtes Problem sind bislang eher Männer, die sich zu wenig um ihre Kinder kümmern - und nicht Männer, die sich gern mehr einbringen wollen. Letztere gilt es jedoch zu fördern und nicht abzuschrecken.

Ob nun ein automatisches Sorgerecht für beide oder ein Antragsrecht für Väter kommt, ist dabei nebensächlich: In strittigen Fällen wird in beiden Fällen in Zukunft das Gericht bemüht werden. Eine Verrechtlichung des Konflikts ist in solchen emotional hoch aufgeladenen Situationen aber nicht der schlechteste Weg.

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Jahrgang 1968, ist seit langem Redakteurin für Geschlechterpolitik in der taz und im kulturradio vom RBB. Von ihr erschien unter anderem das Buch „Der Kopftuchstreit. Das Abendland und ein Quadratmeter Islam“. 2009 wurde sie mit dem Preis „Der lange Atem“ des Journalistenverbands Berlin Brandenburg für die Berichterstattung über Geschlechterstereotype ausgezeichnet.

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