Kommentar über türkischen Botschafter: Was man nicht sagen darf

Der Diplomat war nicht diplomatisch. Aber alle starken Sätze, die der türkische Botschafter in Wien gesagt hat, sind wahr. Doch das ist für die politische Klasse zuviel.

Klar, diplomatisch waren die Worte, mit denen der türkische Botschafter Kadri Ecvet Tezcan die Anti-Ausländer-Stimmung in Österreich charakterisierte, nicht. Und ganz gewiss entsprach es auch nicht ganz den Gepflogenheiten seiner Branche, dass er der als "Abschiebeministerin" bekannten Innenministerin Maria Fekter implizit vorhielt, sie würde besser in eine rechtsextreme Partei passen.

Aber dafür haben die starken Sätze, des Botschafters einen Vorteil: Sie sind alle wahr. Mehr noch: Letztendlich weiß das jeder. Der Botschafter hat einfach Klartext geredet: Die Anti-Ausländer-Politik selbst ist es, die zu Ghettoisierung führe. "Wenn man nicht willkommen ist und von der Gesellschaft immer an den Rand gedrängt wird, warum soll man dann Teil dieser Gesellschaft sein wollen?"

Aber damit hat er der politischen Klasse in Wien zu viel an Wahrheit zugemutet. Als Erster empörte sich der Chef der konservativen ÖVP, Josef Pröll, und befahl seinem Außenminister, den Botschafter einzubestellen. Die Rechtspopulisten von BZÖ und FPÖ empörten sich erwartungsgemäß noch mehr, und da wollte dann auch Bundeskanzler Werner Faymann nicht abseitsstehen, bei so viel Empörung über die "Beleidigung aller Österreicher".

Die politische Korrektheit hat die Seite gewechselt. Wenn Muslimen ein Dummheitsgen angedichtet und diese "Meinung" über alle Kanäle verbreitet wird, dann wird das in einer peinlichen Selbstheroisierung als "Meinungsfreiheit" verkauft. Aber wenn einmal wirklich einer die Wahrheit sagt, fallen alle über ihn her. Wenn einer sagt, dass die Österreicher die Türken "wie ein Virus" betrachten, dann wars das mit der Meinungsfreiheit.

Man sollte das im Ohr behalten, wenn mal wieder von den PI-Korrekten über angebliche "Denkverbote" schwadroniert wird.

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Geboren 1966, lebt und arbeitet in Wien. Journalist, Sachbuchautor, Ausstellungskurator, Theatermacher, Universaldilettant. taz-Kolumnist am Wochenende ("Der rote Faden"), als loser Autor der taz schon irgendwie ein Urgestein. Schreibt seit 1992 immer wieder für das Blatt. Buchveröffentlichungen wie "Genial dagegen", "Marx für Eilige" usw. Jüngste Veröffentlichungen: "Liebe in Zeiten des Kapitalismus" (2018) und zuletzt "Herrschaft der Niedertracht" (2019). Österreichischer Staatspreis für Kulturpublizistik 2009, Preis der John Maynard Keynes Gesellschaft für Wirtschaftspublizistik 2019.

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