Kommentar Studiengebühren-Urteil: Weckruf für den Staatsgerichtshof

Die Verwaltungsrichter in Gießen haben die Hessischen Studiengebühren für verfassungswidrig erklärt. Der Staatsgerichshof hätte das längst tun sollen. Dei Verzögerung ist ein Skandal.

Der Jubel über das jüngste Urteil zu den Studiengebühren ist berechtigt - in Hessen verstoßen sie gegen die Landesverfassung. Das hat ein Verwaltungsgericht so befunden. Man muss kein Jurist sein, um das zu erkennen. "In allen öffentlichen Grund-, Mittel-, höheren und Hochschulen ist der Unterricht unentgeltlich", heißt es in der Verfassung. Da gehört schon ein brutalstmöglicher Regent her, um trotzdem Studiengebühren einzuführen. Ministerpräsident Roland Koch muss die Gebühren in Hessen also wieder abschaffen oder eine soziale Abfederung vornehmen.

Aber das Urteil sagt nicht nur etwas über die bekannte und sehr spezielle Form Kochscher Rechtstreue. Die kleinen Verwaltungsrichter in Gießen haben nämlich etwas getan, was der große hessische Staatsgerichtshof längst hätte tun müssen. Bei den obersten Richtern Hessens liegt bereits seit längerem die Klage vor, dass Studiengebühren mit der Verfassung nicht vereinbar sind. Sogar die Landesanwältin hat in einer Stellungnahme bekräftigt: Campusmaut und hessische Verfassung - das geht nicht. Und die Landesanwältin ist diejenige im Land, die über die Vereinbarkeit von Gesetzen mit der Verfassung wacht.

Warum auch immer der Gerichtshof die Entscheidung über die Studiengebühren erst nach der Wahl fällt - die Verzögerung ist ein Skandal. Obwohl die Klagen seit Monaten vorliegen, weigert sich der Staatsgerichtshof den Bürgern zu sagen, was Recht ist. Dabei wäre es seine Pflicht. Denn die Bürger sollten wissen, wie die Regierung Koch mit der Verfassung umgeht - bevor sie abstimmen. Die Gießener Eilentscheidung sollte also auch den Verfassungsrichtern Beine machen. Sonst verliert auch noch das oberste Gericht an Ansehen.

Für eingefleischte Studiengebührengegner ist das Urteil in Gießen übrigens nicht nur Anlass zum Jubeln. Hoffnungen, von Wiesbaden aus ließen sich alle Studiengebühren in sechs anderen Bundesländern zurückdrehen, sind falsch. Die Situation in Hessen ist auch in dieser Hinsicht speziell, andere Landesverfassungen verbieten Unigebühren nicht.

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