Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Was von der Sozialdemokratie übrig ist, nachdem sie als Spätfolge von 68 die Grünen und von 89 die Linkspartei abgestreift hat? "Pimp my Lehrerbund" wäre eine Bezeichnung dafür.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Fast branchenweites Ergötzen an einer - bis auf weiteres - singulären Familienkatastrophe.

Was wird besser in dieser?

Sicherheitsverwahrung verhindert Talkauftritte.

Der 1. Mai war in Kreuzberg ziemlich ruhig. Warum? Kluge Polizeitaktik?

Schweres Auswärtsspiel in Hamburg.

Am Mittwoch wird in Hamburg offiziell die erste schwarz-grüne Landesregierung vereidigt. Wird das ein Modell auch für NRW, Berlin oder Baden-Württemberg? Oder ist das eine Eintagsfliege?

An den handelnden Personen gemessen: Rüttgers ja, Oettinger kaum, und Pflüger-grüß-mir-die-Sonne nein. Die Grünen haben Mitte der 90er Inhalte und Alleinstellungsmerkmale gegen erfolgverheißende Personen eingetauscht. Inzwischen ersetzen sie diese abgefackelten Stars durch Geschmeidigkeit. Da, wo das Personalangebot der Union nicht zu krass der erklärte Gegner von gestern ist, können sie noch eine Zeit lang mitspielen. Historisch hatten sie ihre größte Wirksamkeit im Sinne ihrer ursprünglichen Anliegen in der Opposition.

Ist Schwarz-Grün eine wirkliche Bedrohung für die SPD - oder ist das nur eine gefühlte Bedrohung?

Als Spätfolge von 68 hat die SPD die Grünen abgestreift, als Spätfolge von 89 die Linkspartei. Im Ergebnis bleibt eine ausgehöhlte Sozialdemokratie, die auch als "Pimp my Lehrerbund" durchgeht. Dagegen marschiert die andere Volkspartei, der die Kritik von grün bis links im Kern galt, weitgehend unfallfrei durch die Gegenwart. Und kann bei der immer wieder mal drohenden rechtsextremen Konkurrenz auf die Unterstützung der gesamten Gesellschaft setzen. Willy Brandt postulierte die "Mehrheit diesseits der Mitte", wobei er auch einigermaßen klarmachen konnte, wo sein "diesseits" ungefähr lag. Er vergaß offenbar, uns vorzuwarnen, dass diese theoretische linke Mehrheit aus heillos zerstrittenen Sektenführern bestehen könnte. Die Union hat derzeit das attraktivere Personalangebot und mit den Grünen die Super Nanny des Vertrauens. Das ist tödlich für die SPD.

Labour verliert in England die Kommunalwahlen, die SPD liegt unter 25 Prozent, die Linke in Italien hat gegen Berlusconi verloren, und in Frankreich ist sie schwach wie schon lange nicht mehr. Eine Momentaufnahme - oder ist Europas Sozialdemokratie in einer Existenzkrise?

Blair weg, Berlusconi frisch geliftet, Schröders Konkursmasse ratlos rudernd und in Paris operette sich, wer kann. Warum grübeln, wenn es auch mit Personifizierung zu erklären wäre?

Am Donnerstag wird der Staat Israel 60 Jahre. Was wird Israel in 60 Jahren sein ?

Integriert! wäre der friedfertigste und liebevolle Wunsch. Bisher wäre jedoch weder die Integration in eine arabische noch die in die europäische Gemeinschaft hilfreich. In einem Mittelmeer-Vorderasien-Bund, der auch die heiklen Ansprüche der Türkei, Irans und anderer Anrainer befriedet, wäre Israel integriert und unbefeindet vorstellbar. Vielleicht ist 60 Jahre ein bisschen hektisch dafür.

Am Sonntag treffen sich die Sudetendeutschen in Nürnberg. Ist das nur noch ein Folkloretreffen - oder erhebt da noch immer der Revanchismus sein hässliches Haupt?

Was die Durchtriebenenverbände Positives leisten können: Ich las, dass ein Trauma vier Generationen in einer Familie weitergereicht wird. Hieße heute, die nächste Generation über die Beschädigungen der Urgroßeltern aufzuklären - nicht, sie in die geerbten Dirndl zu zwingen. Was die Verbände Negatives leisten können, ist am Beispiel der deutsch-polnischen Verwerfungen hinreichend erklärt.

Und was macht Borussia Dortmund?

Keinen Punkt mehr als nötig.

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