Kommentar: Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Volks-Adel für jedermann und ein mundgeblasener Gelegenheitsdoktor.

taz: Herr Küppersbusch: Was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Nicht mal mehr der Spiegel hat die Bild-Zeitung so richtig lieb.

Was wird besser in dieser?

FRIEDRICH KÜPPERSBUSCH ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.

Bild erfindet nach Volks-Handy, Volks-Bibel und gesundem Volksempfang auch den Volks-Adel. Erste Titelträger gibts schon: "Post von Wagner" und "Recherche von Wegen.

Europa und die USA haben sich endlich zu Sanktionen gegen Libyen durchgerungen, kaufen aber weiterhin dessen Öl und spülen so Geld in die Staatskassen. Sind gute Sanktionen nur solche, die die europäischen Interessen nicht gefährden?

Ich bin keinen Meter weniger Auto gefahren wegen Gaddafi. Vielleicht haut Räuchermännchen Schmidt mal einen autofreien Sonntag aus Menschenrechtsgründen raus - das wäre klasse.

Verteidigungsminister zu Guttenberg hat zwar einen Doktortitel generös zurückgegeben, zurücktreten will er aber nicht, sondern vielmehr "Vorbild für Menschen in meiner Situation" sein. Meint der das ernst?

Nein, dann hätte er den Ministertitel zurückgegeben und um seinen Doktor gekämpft. Mit einer reumütig mundgeblasenen Doktorarbeit wäre er in wenigen Jahren wieder ministrabel und gar Prototyp eines "Wir haben verstanden"-Politikers. Seine tollen Umfragewerte aber sagen nur: Dass er lügt, war schon vorher eingepreist - es hat seine Fans nicht überrascht.

Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble gewähren dem Verteidigungsministerium nun 5 Milliarden Euro mehr für die Reform der Bundeswehr. Ist das nicht eigentlich ein Rettungsschirm für den Selbstverteidigungsminister?

Im August 2010 tischte Schäuble Gelegenheitsdoktor Guttenberg ein Sparziel von 8,3 Milliarden Euro für den Verteidigungshaushalt auf. Guttenberg legte darauf Modelle für die Aussetzung der Wehrpflicht vor und sagte: "Damit wird in den nächsten Jahren ein Milliardenbeitrag gespart, zudem Wehrgerechtigkeit hergestellt und trotzdem wird's keine Bundeswehr nach Kassenlage." Ein halbes Jahr später streicht er mit dem gleichen Argument - Aussetzung der Wehrpflicht - 5 Milliarden mehr ein statt 8,3 Milliarden weniger. Das ist die Guttenberg-Lüge, offener politischer Betrug, gegen den sein Karnevalstitel eine Fußnote bleibt. Guttenberg hat einen Grundpfeiler der Verfassung - die defensive Bürgerarmee - mit einem Hütchenspielertrick weggelogen. Ihm geht es um mehr Krieg. Und den gibt er nicht an die Uni Bayreuth zurück, wenns unangenehm wird.

Ex-Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer hatte 2002 in einem Interview daran gezweifelt, dass der Unternehmer Leo Kirch weiterhin Kredit bekomme. Jetzt streiten die beiden vor Gericht darum, ob Breuer damit den Kirch-Konzern vorsätzlich oder aber "aus Versehen" in den Bankrott getrieben hat. Kann ein Chef der Deutschen Bank tatsächlich so gedankenlos sein, dass ihm so was einfach rausrutscht?

Einen Monat vor Breuers Interview hatte seine Deutschen Bank Kirch ein "Beratungsmandat" für die Abwicklung des Kirch-Konzerns aufgedrängt. Kirch lehnte ab. Erstmals in mehr als 30 Verfahren hat nun ein Richter "eine gewisse Spannung" attestiert zwischen der Bank, die gegen Honorar abwickeln will, und einem Unternehmer, der sich dem nicht fügt. Breuer ist ein Glaser, der nachts durchs Viertel streicht und Scheiben einschmeißt. "Da müssen neue rein!", hieß sein Interview.

Bei den Hamburger Bürgerschaftswahlen haben die neuen Stimmzettel dazu geführt, dass ein ganzer Bezirk ungültig stimmte. Direktere Demokratie sieht anders aus, oder?

Ja nun - Hamburger Nächte sind lang. Mit 5 Landes- und 5 Wahlkreisstimmen gelang es, 30.000 = 3,3 Prozent ungültige Wahlzettel einzufahren. So spricht man vom "magischen Platz 31", der überreichlich Stimmen abbekam, weil er auf Zettel zwei ganz oben gedruckt war. Ein System, bei dem der Wähler aus hunderten Bewerbern auswählt, ist gut für Wähler, die hunderte Bewerber kennen. Also für keinen. Wären 20 Sachfragen auf dem Wahlzettel - Elbvertiefung? Schulreform? Philharmonie? -, hätten die WählerInnen eine Meinung und die PolitikerInnen einen bindenden Auftrag. Zweitstimme für Sachthemen - direkte Demokratie.

Und was machen die Borussen?

Bayern kann sich jetzt auf eine eventuelle Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb konzentrieren und kontrovers über seinen Trainer diskutieren. Das ist gut für den Club. Wir Dortmunder denken eben auch immer für den Kumpel mit, selbst wenn er Bayer ist.

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