Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Chefvolkswirte sind Talkshow-Sofaschoner im nuklearen Lummerland, und Pakistan hat katastrophisch alles falsch gemacht.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Christian Wulff muss zur Strafe für Malle-Eskapaden auch eine Woche auf den bescheidenen Almhof von Linkenchef Klaus Ernst.

Was wird besser in dieser?

Wenn Wulf lieb ist, kommt Ernst nicht vorbei.

Die SPD will die Rente mit 67 erst mal aussetzen. Wann setzen Sie sich zur Ruhe?

Es gibt keine Rente mit 67, es gab immer nur eine Rentenminderung mit 65, 63, 61 - je nachdem, wann ArbeitnehmerInnen verbraucht waren. Dieser Fehler Münteferings hat viel mit dem notorischen Staatsträgertum der Sozialdemokratie zu tun. Und nichts mit ihrer Politik. Je schneller der Fehler korrigiert wird, desto Gabriel. Selbst die ehrliche Ansage, dass Rentenminderungen zu gewärtigen sind, würde niemanden so überraschen wie die Fiktion, es gebe ausreichend Arbeit für 67-Jährige. Ich erwarte eine mäßige Rente aus der Künstlersozialkasse, und ich würde, da ich nicht körperlich arbeite, gern noch ab und zu was schreiben dürfen.

Die deutsche Wirtschaft wächst wieder. Überrascht?

Insgesamt teilt sich derzeit die öffentliche Meinung in Stand-up- (Mario Dummbart usw.) und Sit-down-Comedians (Sinn, Henkel, alle Talkshow-Sofaschoner.) Ich lese dieser Tage präzise und ins naturgesetzliche ragende Belehrungen von Menschen mit dem schlimmen Vornamen "Chefvolkswirt". Das ist jemand, der weder die heftige Krise noch den jähen Aufschwung auch nur einen Millimeter vorausgesehen hätte. Ich plädiere für ein lustiges Maulwurfs-Logo, dass sie am Kragen tragen müssen, und ein gesetzlich vorgeschriebenes "Achtung Volkswirt!"-Jingle von Stevie Wonder. Alternativ müssen Mario Barth und Friedrich Merz tauschen, nur … das merkt keine Sau.

Im Streit um die Brennelementesteuer haben die Energiekonzerne nun selbst mit einen Sofortausstieg gedroht, müssen wir jetzt Angst haben?

Ja, dass Röttgen die Stelle gefunden hat, wos wirklich wehtut: die Kasse. Eher machen Eon, EnBW, Vattenfall und RWE mit Rot-Grün ein Ausstiegsszenario - als dass sie sich von dem politischen Lager, das sie seit je als ihres betrachten, abkassieren lassen. Nun drohen sie mit einer "Pro-Atomkraft-Kampagne" - und Renate Künast erwartet einen "heißen Herbst". Statt Ausstieg geht es um "bezahltes Weitermachen", und nun dies "so billig wie möglich". Es wirkt, als hätten die Dampflokhersteller vor 100 Jahren auf ihr Recht bestanden, am technologischen Fortschritt nicht teilnehmen zu müssen und dafür notfalls Geld bezahlt. Leider ist der Globus zu klein für ein nukleares Lummerland.

Friedrich Küppersbusch ist Fernsehproduzent und wird von der taz jede Woche zum Zustand der Welt befragt.

Ein Dresdner Gericht hat zwei Journalisten wegen übler Nachrede über zwei Polizisten zu je 2.500 Euro Strafe verurteilt. Ein Armutszeugnis für die Pressefreiheit?

Nein, denn der beteiligte "Spiegel" hatte ja das presserechtlich mögliche aufgedrückt bekommen und auch geliefert: Geldstrafe, Abdruck einer Korrektur, Nennung eines presserechtlich Verantwortlichen. Das Armutszeugnis stellt sich die Justiz aus. Sie missbraucht das Strafrecht für ein Presserechtsthema, sie ermittelt in eigener Sache, und schließlich urteilt das Gericht, das in den umstrittenen Artikeln kritisiert worden war. In jedem Kreisliga-Kick kann man sich gegen selbstherrliche Schiris wehren. In Dresden triumphiert der Befangenen-Chor.

Pakistan geht unter - 13 Millionen Menschen brauchen Hilfe, trotzdem ist die Spendenbereitschaft gering. Sind die Taliban dran schuld?

Pech - Sommerschlussverkauf in der Schlechtes-Gewissen-Boutique. Überschwemmungen in Pakistan, in Sachsen jedoch auch, dazwischen Hitzekatastrophe mit Waldbränden in Russland. Und Öl im Golf noch reichlich. Medial durchsetzungsfähig sind pittoreske Katastrophen mit Alleinstellungsmerkmal in christelnder Adventsnähe - da hat Pakistan gleich alles falsch gemacht.

Westerwelle nimmt seinen Freund nicht mehr mit in Länder, die Homosexualität unter Strafe stellen. Richtig?

Dank dieser Westervolte wissen wir jetzt: In Iran, Sudan, Jemen, Mauretanien, Somalia, Nigeria und Saudi-Arabien steht auf "homosexuelle Handlungen" die Todesstrafe. Da hat sich das Statement schon gelohnt. Wobei der Außenminister durch Abwesenheit seines Partners nicht unschwul werden dürfte. Und Kritik an der Vermengung dienstlicher und wirtschaftlicher Interessen in Westerwelles Tross wird auch künftig nicht als schwulenfeindlich zu diskriminieren sein.

Und die Borussen?

Irgendwas stimmt nicht. Wir sind nicht aus dem Pokal geflogen. Ich mache mir Sorgen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.