Kommentar Iran: Zu spät für Versöhnung

In Anbetracht der aktuellen Entwicklung im Iran riskiert das Regime, mit dem verspäteten Einsatz von Gewalt seinen Zerfall zu beschleunigen

Das Regime in Teheran befindet sich in einem ausweglosen Dilemma. Nach den schweren Unruhen am Wochenende mit acht Toten hat die Staatsführung sich offenbar entschlossen, die Strategie der nackten Gewalt anzuwenden. Zwar hatte es schon in den ersten Wochen nach dem Ausbruch der Unruhen im Juni zahlreiche Tote gegeben, die Demonstranten waren aber bis auf wenige Ausnahmen durch Folter im Gefängnis ums Leben gekommen. Nun aber haben die Sicherheitskräfte mit ihren Schusswaffen direkt auf die Massen gezielt.

Hätte das Regime von Anbeginn, wie 1989 in China, hart reagiert, wäre vielleicht Ruhe eingekehrt. Natürlich hätte man auch eine Strategie der Versöhnung einschlagen und dem Volk gewisse Zugeständnisse machen können. Doch die Herrschenden haben weder das eine noch das andere getan. Sie haben gezögert und damit die Kontrolle über die Opposition verloren.

wurde in Teheran geboren und lebt heute in Berlin. Nirumand ist taz-Autor und veröffentlichte zahlreiche Bücher, zuletzt "Der unerklärte Weltkrieg", booklett Verlag 2007.

Ihr hingegen ist es inzwischen gelungen, Millionen Menschen landesweit zu mobilisieren. In Anbetracht dieser Entwicklung riskiert das Regime, mit dem verspäteten Einsatz von Gewalt seinen Zerfall zu beschleunigen, die Unterstützung geistlicher Instanzen noch deutlicher zu verlieren und nicht zuletzt eine Spaltung innerhalb der Sicherheitskräfte zu erzeugen. Selbst bei den ideologisch geschulten paramilitärischen Kräften gibt es bereits Anzeichen der Verweigerung, auf Brüder und Schwestern zu schießen. Die Polizei versuchte gestern sogar, jede Schuld an den Toten von sich zu weisen. Man habe keine Schusswaffen getragen, erklärte sie.

Wie auch immer: Weder Gewalt noch Versöhnung sind Optionen. Dafür ist die Protestbewegung zu weit radikalisiert. Den Demonstranten geht es nicht mehr um Neuwahlen. Sie wollen einen anderen Staat.

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