Studie zum Weltbild von Muslimen: Abschied von einer Idylle

Multikultifreunde müssen jetzt ganz stark sein: Eine neue Studie kommt zu dem erschreckenden Ergebnis, dass junge Muslime auffällig gewaltbereit sind. Na und?

Eine Kuckucksuhr vor'm Kopf haben viele Deutsche. Warum sollten Muslime nicht das gleiche Recht haben? Bild: dpa

Die Untersuchung der Hamburger Sozialforscher Peter Wetzel und Katrin Brettfeld über Muslime in Deutschland muss keinen Aufruhr entfachen, auch wenn deren Befunde allen Anlass geben könnten, so etwas wie Beunruhigung zu stiften. Im Kern wird festgestellt, dass 40 Prozent der Muslime sich als fundamental einstufen, dass sich sechs Prozent als "gewaltaffin" begreifen, dass, mehr noch, 14 Prozent mit Rechtsstaatlichkeit und Demokratie hadern.

Aus der Perspektive der Befragten läuft in Deutschland nicht nur vieles schief, was deren eigenen Aufstiegschancen im Wege steht, sondern auch, was überhaupt das gewöhnliche Leben im mehrheitlich nichtmuslimischen Deutschland ausmacht. Hauptsächlich, so lesen sich die Ziffern, mokieren sich Muslime über die Stigmatisierung körperlicher Züchtigung in der Familie sowie über die fehlende Todesstrafe.

Das jedoch ist keine Überraschung, nicht einmal eine kleine. Allenfalls, dass diese Mentalität auch von muslimischen Deutschen mit akademischen Ansprüchen geteilt wird. Aber ohnehin war die Annahme stets falsch, dass Gewaltphänomene wie Zwangsheirat, Züchtigung von Kindern, Einsperren von Mädchen in den Wohnungen und Geschlechtersegregation nur in quasiproletarischen Milieus beheimatet sind. Alltagserfahrungen in den Vierteln mit hohen Anteilen von Muslimen wie auch Erzählungen aus Sozialarbeit aber zeigen ohnehin die immer gleichen Dinge: Muslimische Eltern sind es, welche die deutschen Schulformen nur so lange für ihre Töchter dulden wollen, solange es keine Klassenfahrten gibt mit Jungs und solange beim Sportunterricht die Geschlechter getrennt werden.

So lässt sich vielleicht nun auch sozialwissenschaftlich fundiert sagen, dass die muslimischen Communitys zivilisatorisch etwa eine Generation den urdeutschen Angehörigen dieses Landes hinterhertraben. Und das umreißt das eigentliche Problem: Dass überproportional viele muslimische Deutsche Meinungen vertreten, die besonders linksliberalen Haltungen widersprechen, muss nicht aufregen. Nicht alarmieren. Nicht Sorgen bereiten. Die Dinge liegen zunächst so, wie sie sind. Multikultifreunde dürfen jetzt mit halbwegs gesicherten Zahlen von ihren Illusionen Abschied nehmen. Von ihrer Utopie vom besseren Menschen, in der noch das Konstrukt vom "edlen Wilden" hervorscheint. In koranbefeuerten Kreisen ist keineswegs alles gut, im Gegenteil. Na und?

Macht das aber tatsächlich etwas? Sind nicht auch noch erklecklich viele Urdeutsche für das Prügeln von Kindern, für das Verbot von Sexuellem vor der Ehe, für die Ächtung Homosexueller und die Einführung der Todesstrafe als Strafe für mancherlei Delikte? Ja, so liegen die Dinge auch. Was in der Expertise aus Hamburg zu lesen steht, ist jedoch vor allem offenbar eine Bestandsaufnahme dessen, was Sache ist im Hinblick auf die Integration von Muslimen. Klasse, das! Nun kann man die Wirklichkeit nüchterner nehmen.

Leben mit Anderen

Der Wunsch aber, dass Menschen, die nicht mit den Standards der deutschen Zivilität so befreundet sind, missachtet werden, ist monströs. Das wäre der Wunsch nach Gehirnwäsche um eines in Wirklichkeit unlieben Friedens willen. Ziffern lügen nämlich immer, im Guten wie im Miesen. Selbst wenn die allermeisten Muslime die Scharia wiedereinführen möchten - was sie nicht wollen -, würden sie immer noch am rechtsstaatlichen Gefüge dieses Landes scheitern. An Institutionen wie Schulen und Betrieben, an Universitäten und Gerichten, Behörden und dem medizinischen Komplex. Mögen doch die Minderheiten - muslimisch oder nicht - am liebsten manchen steinigen, ihm Rübe abhauen, ihn verdreschen, demütigen: Es bleibt verboten, es sind Umstände, die geächtet gehören. Wer dieses nicht achtet, darf auf Integration - nicht als Staatsbürger - in die bürgerlichen Welten dieser Gesellschaft nicht hoffen. Gesetze regeln das Nötige; dass Gewaltbereitschaft nur selten zur Gewalt wird. Worauf es ankommt: dass die Rechtsregeln bewahrt werden, dass die Kritik der muslimischen Minderheit auf keinen Fall in politischen Aushandlungsverfahren Gehör findet.

Die Gedanken aber sind frei. Wer eine Gesellschaft will, in der alle sich lieb haben und einer Meinung sind, will Totalitäres. Möchte einen Kindergarten, urbane Bauernhöfe mit Kuschelecken - und keine vitale Gesellschaft, in der viel fantasiert wird, aber wenig gewaltsam gehandelt: denn das hat die Polizei meist gut im Blick.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.