Urteil zur Religionsausübung: Gebet gefährdet Schulfrieden

Das Oberverwaltungsgericht Berlin hebt in zweiter Instanz ein Urteil auf. Ein 16-jähriger Muslim darf nun doch nicht während der Schulzeit beten. Die Schule befürchtet Konflikte.

Der Gymnasiast Yunus M. (r) unterhält sich im Oberverwaltungsgericht in Berlin zu Beginn der Verhandlung mit seinem Anwalt Bülent Yasar. Bild: dpa

BERLIN taz | Ein Berliner Schüler darf nun doch nicht während der Schulzeit das islamische Gebet verrichten. Das Oberverwaltungsgericht hob am Donnerstag in zweiter Instanz ein Urteil vom vergangenen September auf. Das Verwaltungsgericht hatte damals 16-jährigen Yunus M. zugesprochen, einmal täglich außerhalb der Unterrichtszeiten in der Schule zu beten. Die Berliner Senatsschulverwaltung habe nun glaubhaft machen können, dass der Schulfrieden durch das tägliche Gebet gefährdet sei, so die Richter. Der Streit ist der erste dieser Art in Berlin, wo seit Jahren viele Schulen einen hohen Anteil muslimischer SchülerInnen haben. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht ist möglich.

Yunus M. hatte gegen seine Schule geklagt, nachdem die Schulleitung ihm untersagt hatte, gemeinsam mit anderen auf dem Flur zu beten. Dem Verwaltungsgericht hatte der Jugendliche glaubhaft gemacht, dass er "strenggläubiger" Muslim sei, der die im Islam vorgeschriebenen täglichen fünf Gebete einhalte. Das Gericht hatte der Schule damals vorgeschrieben, ihm wenigstens einmal täglich die Möglichkeit zu beten einzuräumen - außerhalb der Unterrichtszeiten und so, dass der Schulbetrieb nicht gestört werde. Die Einrichtung eines speziellen Raums dafür schreibt die oft fälschlich als "Gebetsraum-Urteil" bezeichnete Entscheidung nicht vor.

Die Landesschulverwaltung war gegen das Urteil in Berufung gegangen. Die Argumentation: An der Schule lernen Schüler verschiedener Religionen, bereits jetzt sei es zu Konflikten gekommen. Diese seien nur zu vermeiden, wenn der Betende einen eigenen Raum zur Verfügung gestellt bekäme. Die Schule könne das aber nicht leisten, zumal Angehörige anderer Religionen dann ebenfalls entsprechende Ansprüche erheben könnten. Der Rechtsanwalt des Schülers sagte, sein Mandant habe ein gutes Verhältnis zu Mitschülern.

Die Berliner Schulverwaltung zeigte sich zufrieden mit dem Urteil. "Es ist ein guter Tag für die Berliner Schule", sagte die Leiterin der betroffenen Schule, Brigitte Burchhardt. Mit dem Urteil gebe es einen Konfliktherd an der Schule weniger. Auch der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, begrüßte das Urteil. Es sei richtig, die negative Religionsfreiheit und den Bildungsauftrag der Schule höher zu bewerten, als es die erste Instanz getan hatte.

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