Holocaust-Leugner Williamson: Vatikan weist Erklärung zurück

Nach der halbseidenen Entschuldigung von "Bischof" Williamson fordert Justizministerin Zypries ein Vorgehen gegen den Holocaust-Leugner. Auch der Vatikan gibt sich nicht zufrieden.

Nur eine halbseidene Entschuldigung: Holocaust-Leugner Richard Williamson. Bild: dpa

Man kennt das nicht nur von deutschen Politikerinnen und Politikern: Wer Schlimmes gesagt hat und einen Sturm der Entrüstung erntet, widerruft das Gesagte selten. Der scheinbar Reumütige entschuldigt sich bestenfalls für das Leid, das er verursacht habe. Und betont zugleich, das habe er doch nicht gewollt. Im übelsten Fall ist es noch nicht einmal eine Entschuldigung, die zu hören ist, sondern lediglich ein Bedauern. So schleicht man sich davon - und das Gesagte bleibt in der Welt, auf dass Gras darüber wachse.

"Der Heilige Vater und mein Oberer, Bischof Bernard Fellay, baten mich, die Bemerkungen, die ich vor vier Monaten im Schwedischen Fernsehen gemacht habe, zu überdenken, weil sie so schwerwiegende Folgen hatten.

Angesichts dieser Folgen kann ich wahrheitsgetreu sagen, dass ich die Aussagen bedaure und dass ich sie nicht gemacht hätte, wenn ich vorher gewusst hätte, welchen Schaden und Schmerz sie anrichten würden besonders in der Kirche, aber auch für die Überlebenden und Verwandten der Opfer von Ungerechtigkeit im Dritten Reich.

Im Schwedischen Fernsehen habe ich nur die Meinung (... "Ich glaube" ... "Ich glaube"...) eines Nicht-Historikers wiedergegeben.

Die Meinung hat sich vor zwanzig Jahren aufgrund der damals verfügbaren Beweise gebildet. Sie ist seitdem in der Öffentlichkeit kaum besprochen worden.

Doch die Ereignisse der letzten Wochen und der Rat meiner älteren Mitbrüder in der Priesterbruderschaft St. Pius X. haben mich von der Verantwortung für das verursachte große Leid überzeugt.

Ich entschuldige mich vor Gott bei allen Seelen, die über das, was ich gesagt habe, zutiefst empört waren.

Wie der Heilige Vater gesagt hat: Jeder Akt der ungerechten Gewalt gegen einen Menschen verletzt die ganze Menschheit.

+ Richard Williamson, London, 26. Februar 2009"

(Quelle: dpa)

Genau so hält es der Holocaust-Leugner, "Bischof" Richard Williamson, der einen großen Anteil daran hat, dass die katholische Kirche mit ihren über einer Milliarde Gläubigen seit einem Monat in einer ordentlichen Krise steckt. Nachdem der Geistliche der ultratraditionalistischen Pius-Priesterbruderschaft beinahe den ganzen Februar brauchte, um sich darüber im Klaren zu werden, ob es den millionenfachen Mord an den europäischen Juden gab, veröffentlichte er nun eine Erklärung, zu der er fast geprügelt werden musste. Und diese ist, wie zu befürchten war, unzureichend. Neben einer Entschuldigung "vor Gott bei allen Seelen, die über das, was ich gesagt habe, zutiefst empört waren", ist der Kernsatz: "Angesichts dieser Folgen kann ich wahrheitsgetreu sagen, dass ich die Aussagen bedauere und dass ich sie nicht gemacht hätte, wenn ich vorher gewusst hätte, welchen Schaden und Schmerz sie anrichten würden."

Diese frömmlerisch-schleimige Erklärung ist kein Widerruf, wie sie nicht zuletzt der Vatikan, nach kurzem Zögern am Anfang der Affäre, in klaren Worten gefordert hatte. Deshalb hat der Vatikan die Entschuldigung nun auch als unzureichend bezeichnet. Und auch der Ökumene-Experte des Heiligen Stuhls, Kurienkardinal Walter Kasper, hat die wenigen Sätze Williamsons als "billig" zurückgewiesen. Ähnlich äußerte sich auch der Leiter der deutschsprachigen Abteilung von Radio Vatikan, Eberhard von Gemmingen, der das Statement des Briten "dünn" nannte. Als "völlig ungenügend" bezeichnete es der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer. Selbst der sonst so sanfte Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Hans Joachim Meyer, kanzelte das Bedauern Williamsons als "in keiner Weise befriedigend" ab.

Wie aber geht es nun weiter? Wäre die Priesterbruderschaft konsequent, müsste sie Williamson ausschließen. Denn seine Oberen hatten eigentlich einen klaren Widerruf von ihm verlangt. Auch der Vatikan müsste die (Teil-)Rehabilitation des bis vor kurzem ausgeschlossenen "Bischofs" zurücknehmen. Dass Priester und erst recht Bischöfe der katholischen Kirche keine Antisemiten sein dürfen, war einer der denkwürdigen Sätze, die aus Rom und von Papst Benedikt XVI. selbst in den vergangenen Wochen zu hören waren. Von der Pius-Bruderschaft erwartet Rom nicht nur ein deutliches Bekenntnis zum Zweiten Vatikanischen Konzil, sondern auch eine unmissverständliche Absage vom uralten Judenhass, der unter diesen Ultratraditionalisten notorisch ist. Noch ist unklar, ob die Pius-Brüder beides tatsächlich leisten werden - und ob der Vatikan da wirklich hart bleibt.

Unterdessen ist die Politik einen Schritt weiter: Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) befürwortet Schritte gegen Williamson, der nach seinem Rauswurf aus Argentinien jetzt wieder in Großbritannien greifbar ist: "Auf jeden Fall muss ihm beigekommen werden in der EU", sagte sie. Dies ähnelt dem nötigen Angriff von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf den Papst, der erst dadurch in der Williamson-Affäre zu deutlichen Worten fand. Die Langsamkeit und Güte Roms sind hier in keiner Weise angemessen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.