Versicherung lehnte Zahlung an Muslim ab: Sparen mit Vorurteilen

Sind alle muslimischen Männer faul bei Haushaltsarbeit? Das glaubt zumindest eine Versicherungsangestellte - und lehnte bei einem Rentner Zahlungen nach einem Unfall ab.

Die Sachbearbeiterin verwies auf eine Sure im Koran. Bild: reuters

Muslimische Männer helfen nicht im Haushalt. Weil sie diese These vertritt, hat eine Angestellte der Gothaer Versicherung einem algerischem Rentner Zahlungen nach einem Unfall verweigert. Die Sachbearbeiterin verwies auf eine Sure im Koran und wies deswegen den Haushaltsführungsschaden ihres Kunden Herrn M. zurück.

Martin Rother, Anwalt des Rentners, zitiert im Gespräch mit der taz das offizielle Schreiben: "Sollte der Mandant und seine Ehefrau wider Erwarten zum christlichen Glauben konvertiert sein bzw. nicht als traditionelle Muslime im Sinne des Korans leben, legen sie dar, wie es sich konkret verhält." Soll heißen: Falls das Voruteil nicht stimmt, soll der Rentner seine Unschuld beweisen. Er habe so etwas noch nie erlebt, sagt Rother.

Normalerweise muss Unfallopfern, wenn sie Hilfebedürftigkeit nachweisen können, ein Ausgleich für Haushaltskosten gezahlt werden. Bei dem 79-jährigen M., der 1959 aus Algerien nach Deutschland eingewandert ist, scheint das der Fall zu sein. Nach einem Fahrradunfall am 26. April in Gütersloh habe M. einen Monat lang im Koma gelegen, leide noch heute unter den Folgen, so Anwalt Rother.

Die Pressesprecherin der Gothaer Versicherung, Martina Faßbender, entschuldigte sich für den Vorfall. Es handle sich um den "bedauerlichen Fehler einer einzelnen Person, der in keiner Weise die Haltung des Unternehmens" wiedergebe. Prinzipiell stellte sie aber klar, dass Faktoren wie Alter, familiäre und kulturelle Umstände eine Rolle spielten.

"Kulturelle Umstände", das ist in diesem Fall die Religion. Ob die ein relevanter Faktor sein darf, bezweifelt Anwalt Rother. Doch selbst wenn dies so wäre, sein Mandant könne durch Zeugen beweisen, dass er in Haus und Garten aktiv gewesen sei.

Welche Konsequenzen der Fall haben wird, ist noch unklar. Im Auftrag seines Mandanten hat Rother die Versicherung um eine Stellungnahme gebeten. Falls sich diese von dem Fall distanziere, sei eine außergerichtliche Einigung möglich. Sprecherin Faßbender wollte sich dazu nicht äußern. Auch die Sachbearbeiterin ist derzeit nicht zu sprechen. Sie ist im Urlaub.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.