Verlag in der Krise: Aufbauer gesucht

Geschäftsführer, Mitarbeiter und Autoren sind zuversichtlich, den traditionsreichen Aufbau-Verlag noch zu retten. Und so schlecht scheinen die Zahlen nicht zu sein.

Verleger Lunkewitz wollte seinem Verlag die Räume kündigen. Erfolglos. Jetzt braucht er gar keine Miete zahlen. Bild: dpa

BERLIN taz Renommierter mittelständischer Verlag mit großer Vergangenheit und berühmtem Namen sucht einen neuen Verleger - das ist die neueste Wendung beim gegenwärtigen Insolvenzkrimi rund um den Aufbau-Verlag. Die Hoffnung auf einen Neuanfang hatten die 60 Mitarbeiter zwar auch Ende voriger Woche wenigstens offiziell nicht aufgegeben. Aber seit Montagnachmittag ist zudem klar: Das mit dem Neuanfang könnte tatsächlich klappen.

So lautet das Ergebnis von dramatischen vier Tagen. Am Freitag hatte Bernd F. Lunkewitz, der bisherige Verleger, das Haus insolvent gemeldet - zur Überraschung auch der eigenen Geschäftsführung. Innerhalb weniger Stunden nahmen die Geschäftsführer René Strien und Tom Erben dann aber die Zügel in die Hand und konnten am Montag auf einer Pressekonferenz einen vorläufig eingesetzten Insolvenzverwalter präsentieren. "Ich bin sehr guter Dinge, dass wir den Geschäftsbetrieb aufrecht erhalten können", sagte der vom Amtsgericht in Berlin-Charlottenburg eingesetzte Rechtsanwalt Joachim Voigt-Salus.

Optimismus zu vermitteln gehört zwar zum normalen Gebaren solcher Verwalter. Aber der Rechtsanwalt kann seine positive Einschätzung durch Fakten untermauern. So ist die operative Bilanz des Verlages seinen Erkenntnissen zufolge gegenwärtig ausgeglichen, wenn man Zinsen und Tilgung langfristiger Verbindlichkeiten abrechnet. Und die spielen nach Einreichung des Insolvenzantrags erst einmal keine Rolle mehr. Noch wichtiger: Außerdem würde der Hauptteil des Verlagsumsatzes (im Jahr 2007 14,2 Millionen Euro, im Jahr zuvor 12,6 Millionen) mit Buchrechten erwirtschaftet, die nach 1992 erworben wurden.

Das ist insofern zentral, weil diese Rechte unstrittig tatsächlich beim Aufbau-Verlag liegen. Wem die Rechte gehören, die davor erworben wurden, ist nach den komplizierten Rechtsstreitigkeiten zwischen Lunkewitz und der Nachfolgeorganisation der Treuhandanstalt unklar. Der Verkauf des Verlages 1991 an den Immobilienunternehmer basierte auf ungeklärten Besitzverhältnissen.

Damit steht die Strategie des Insolvenzverwalters: Zunächst möchte er den Verlag mit den Buchrechten seit 1992 fortführen. Dann möchte er eine Einigung für alle anderen Buchrechte erzielen. Und schließlich fasst er eine sogenannte sanierende Übertragung des Verlages ins Auge, sprich: eben einen neuen Verleger. Bis zur tatsächlichen Insolvenzeröffnung, die für den 1. September dieses Jahres zu erwarten ist, hofft Voigt-Salus einen dauerhafte tragfähige Lösung präsentieren zu können, die, so der Rechtsanwalt, "voraussichtlich einen neuen Investor einschließt".

Geschäftsführung und Betriebsrat des Unternehmens sprachen ihm dabei auf der Pressekonferenz das Vertrauen aus. Stellvertretend für die Autoren des Verlages sagte der Schriftsteller Thomas Lehr zudem, auch er würde alle nun getroffenen Maßnahmen billigen. Alle Beteiligten geben sich kämpferisch, das Haus weiterzuführen, das nicht nur der letzte große Literaturverlag der DDR ist, sondern zuletzt mit Titeln von Victor Klemperer oder Werner Bräunig Publikum finden konnte.

Bernd F. Lunkewitz könnte bei so einer Lösung leer ausgehen. Er plante offenbar eine Liquidierung des Unternehmens. Noch am Freitag kündigte er den Vertrag für die Verlagsräume, die er seinem Unternehmen zur Miete überlassen hatte. Das war schnell. Aber nicht schnell genug, der Insolvenzantrag seiner Geschäftsführung war vorher beim Gericht eingegangen: Nun braucht der Verlag erst einmal gar keine Miete zu zahlen. So etwas gehört, wie Voigt-Salus sachlich feststellte, zur Sicherung der Existenzgrundlage von insolventen Unternehmen.

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