Katalonien: Regierung zieht Sprachschraube an

Am Dienstag wird die Buchmesse eröffnet - mit Katalonien als Gast-Kulturregion. Doch wer dort auf Spanisch schreibt oder sendet, hat eher schlechte Karten.

Das Katalanische hat Priorität: Bücherverkauf in Barcelona Bild: dpa

Cristina Peri Rossi versteht die Welt nicht mehr. Die aus Uruguay stammende Schriftstellerin und Vorkämpferin für Demokratie und Bürgerrechte muss jetzt mit ansehen, wie sie wegen ihrer Sprache den Job als Teilnehmerin an Radiodebatten verliert. Catalunya Radio, der öffentliche Sender der nordostspanischen Autonomie rund um Barcelona, hat Peri Rossi entlassen. Der Grund: Sie spricht im Radio nur spanisch - und nicht die Regionalsprache Katalanisch.

In den letzten Jahren war dies in der zweisprachigen Region nie ein Problem. Jetzt zieht die Autonomieregierung die radikalnationalistische Schraube an. Wer nicht Katalanisch kann, ist der Koalition aus den auch in Madrid regierenden Sozialisten, Postkommunisten und der separatistischen Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) ein Dorn im Auge. "Im Grundsatzpapier des Radios heißt es, dass das Katalanische Priorität hat, aber nicht, dass das Spanische verboten wird", beschwert sich Peri Rossi, mit der sich hunderte von Intellektuellen, Schriftstellern und Uniprofessoren aus aller Welt solidarisieren. Unter ihnen befinden sich so namhafte Autoren wie der Poet Mario Benedetti, die Verlegerin Esther Tuquets oder der Philosoph Fernando Savater.

Die seit mehr als 30 Jahren in Katalonien lebende Autorin Peri Rossi, die in ihren Radioauftritten immer wieder die katalanische Kultur verteidigte, ist das bekannteste Opfer dieser Politik, aber nicht das einzige. "In Katalonien haben viele Menschen Angst", sagt Peri Rossi, die von anderen Fällen wie dem ihren weiß. Mit einem Unterschied: Die Betroffenen sind nicht an die Öffentlichkeit gegangen, aus Furcht, sich ihre berufliche Zukunft endgültig zu verbauen.

Die Regierung in Barcelona wacht auch bei den Schriftstellern über die Reinheit der Sprache. Katalonien und seine Kultur ist auf der heute beginnenden Frankfurter Buchmesse als Gastregion geladen. 103 Schriftsteller, 250 Verlage und 1.800 Menschen aus dem Kulturbetrieb werden in Frankfurt erwartet. Das Ganze hat nur einen Schönheitsfehler: Wer Katalane ist, aber auf Spanisch schreibt, ist nicht mit dabei.

Josep Bargalló, Direktor des für den Buchmessenauftritt verantwortlichen Instituts Ramon Llull (IRL), ein Art katalanisches Goethe-Institut, hatte solchen Autoren nur eine untergeordnete Rolle zugedacht. Rund 30 Autoren haben daraufhin abgesagt, darunter die bekanntesten Schriftsteller Kataloniensm Eduardo Mendoza ("Die Stadt der Wunder", "Mauricios Wahl") und Carlos Ruiz Zafón ("Der Schatten des Windes", "Marina").

Die Buchmesse sei Opfer einer "politischen Entführung", beschwert sich Antoni Comas, Chef der größten katalanischen Verlegervereinigung. Schließlich sei die Wahl auf die katalanische Kultur "nicht wegen einer Sprache, sondern wegen einer sehr starken Verlagswesens" gefallen. Mehr als ein Drittel der spanischen Buchverlage sitzen in Katalonien. Die katalanische Hauptstadt Barcelona ist neben Madrid der wichtigste Verlagsstandort Spaniens. Und: Von den 260 katalanischen Verlagen veröffentlichen die meisten in beiden Sprachen.

Die Regierungskoalition und die ebenfalls nationalistische Oppositionspartei CiU segnet das Vorgehen des IRL im Autonomieparlament dagegen ab. "Die nationalen Literaturen schließen die anderen immer aus", verteidigt die ERC-Abgeordnete und katalanischsprachige Schriftstellerin Maria Mercè Roca das Vorgehen. "Dahinter steckt kulturelle Fremdenfeindlichkeit", hält der Abgeordnete Antonio Robles von der antinationalistischen Bürger-Partei Ciudadans dagegen: Die Zweisprachigkeit sei "eine dieser beschämenden Realitäten, die nach innen akzeptiert werden, da es nicht anders geht. Aber nach außen verstecken sie es gerne."

Dabei sind die Katalanen eigentlich in bester Gesellschaft. Denn der Philologe Ramon Llull, der dem katalanischen Kulturinstitut seinen Namen gab, war selbst ein kultureller Mischling. Er sprach neben Katalanisch sechs weitere Sprachen und veröffentlichte auf Katalanisch, Spanisch - und Arabisch.

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