Letzter Harry-Potter-Film: Nur die Pinkelpause vergangen

Zehn Jahre, acht Filme: "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 2" ist eine letzte Sentimental Journey durch vertrautes Terrain. Eine Bilanz.

Ron, Hermine und Harry bekämpfen das Böse – unermüdlich. Bild: dapd

Das Plakat verspricht es, die Vorlage hat es vorgezeichnet, es deutet also alles darauf hin, dass nun mit "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 2" tatsächlich "alles endet". Zeit, Bilanz zu ziehen. Und die sieht folgendermaßen aus: zehn Jahre, acht Filme, über 6 Milliarden Dollar weltweiter Umsatz, es wird erwartet, dass sich das mit dem letzten Teil auf über 7 Milliarden erhöht. Ohne Inflationsbereinigung ist das ein beispielloses Kassenergebnis und man kann davon ausgehen, dass das Brainstorming darüber, wie sich dieser Franchise-Erfolg fortsetzen lässt, längst in Gange ist.

Vorläufig aber endet alles. Wie - das dürfte der großen Mehrheit der Zuschauer aus den Büchern bekannt sein. Der schmale Rest der Nichtleser kann es sich denken, denn schließlich hält sich der Harry-Potter-Stoff ganz an alte Erzähltraditionen, die im Kampf von Gut gegen Böse gewisse unschlagbare Favoriten kennen. Wer ins Kino geht, um sich überraschen zu lassen, wäre also im letzten "Harry-Potter"-Film an der falschen Adresse.

Selbst derjenige, der es geschafft hätte, die letzten zehn Jahre nichts von Dumbledore, Hogwarts oder Voldemort mitzubekommen und sämtliche sieben Vorläuferfilme ausgelassen hat, selbst derjenige wird nach zehn Minuten "Heiligtümer des Todes" vorhersagen können, dass die drei bleichen, unglücklich schauenden Jugendlichen, die da gerade nicht weiterwissen, am Schluss doch in irgendeiner Weise triumphieren werden.

Wobei das eine spannende Frage ist: Wie sieht ein absoluter Harry-Potter-Neuling diesen Film? Oder anders formuliert: Lässt sich die "Harry-Potter"-Welt von ihrem Ende her erschließen? Von Produzentenseite wird in dieser Hinsicht auf jeden Fall nichts angeboten. "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 2" beginnt tatsächlich so, als wäre seit dem letzten Teil nur knapp eine Viertelstunde Pinkelpause vergangen - in der allerdings der Projektor gewechselt wurde, denn nun ist alles in 3-D, was aber die Ästhetik des Ganzen nicht verändert, wie sollte es auch.

Bürokratische Verwaltung mit Old-London-Schick

Aber ohne jegliches "Was bisher geschah" und ganz ohne sprechlastige Einführungssequenz, in der wenigstens ein paar Figuren den Stand der Dinge rekapitulieren, nimmt der Film die düstere Grundstimmung auf, mit der die "Heiligtümer des Todes - Teil 1" endeten, und zeigt in wortlosen Einstellungen nacheinander die "Bösewichte" Voldemort und Snape, die mit je verschiedenem finsteren Blick aus verschiedenen Fenstern schauen und dabei bedrohlich große Einflussgebiete übersehen. Wenn daraufhin die Kamera die Freunde Harry, Hermine und Ron zeigt, die irgendwo in engen Räumen leise darüber beraten, was als Nächstes zu tun wäre, dann weiß auch der Potter-Laie, wo hier die Fronten verlaufen.

Sicher, der "Ungebildete" muss sich erst erschließen, was etwa die "Horkruxe" sind, denen die drei Freunde schnitzeljagdmäßig auf die Spur zu kommen versuchen. Aber der zuckende Voldemort, der mit jeder Zerschlagung eines dieser Horkruxe eingeblendet wird, beantwortet diese Frage ganz gut. Auch wer die seltsame Bank noch nicht kennt, in die Harry, Hermine und Ron in Begleitung eines schlecht gelaunten Kobolds eindringen, um irgendein Gefäß zu rauben, kann doch seine helle Freude haben am Old-London-Schick der bürokratischen Verwaltung oben und dem Märchenweltverliesen samt Wache haltenden Drachen unten. Und natürlich an den rasanten Bewegungen der Helden, die sich per Wagen, Zaubersprüchen und halsbrecherischen Aktionen durch diese Welten manövrieren.

Die Kenner dürfen mit dem Film eine letzte "sentimental journey" durch vertraute Örtlichkeiten wie Gringotts, Olivanders Zauberladen und natürlich Hogwarts erleben. Wenn Voldemort und seine Horden dann das Internat überfallen, wo die wenigen Aufrechten standzuhalten versuchen, und in all dem Chaos unserem Harry schließlich sein "Schicksal" offenbart wird, dann ist das so, als folge man einem alten, vertrauten Märchen, das allein durch das "Wie" des Erzählens und nicht durch das "Was" fesselt. Da passt es auch gut, dass im langen Finale sich bildmäßig in etwa "Herr der Ringe" und "2001: Odyssee im Weltraum" kreuzen. So gesehen ist alles irgendwie ein Sequel von allem - Fortsetzung folgt, garantiert.

"Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 2", Regie: David Yates. Mit Daniel Radcliffe, Emma Watson, Rupert Grint u. v. a. UK/USA 2011, 130 Min.

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