Neue Stadtregierung in Buenos Aires: Filmfestival Bafici droht das Aus

Das Filmfestival von Buenos Aires, wichtiges Forum des unabhängigen Films in Lateinamerika, ist gefährdet. Die Verlängerung der Arbeitsverträge der Macher ist fraglich.

240.000 Cineasten besuchten vergangenes Jahr das Filmfestival. Bild: dpa

Der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires steht eine Umstrukturierung in der Kulturpolitik bevor. Das erste prominente Opfer könnte das Festival des Unabhängigen Films werden. Das befürchten die Organisatoren des "Buenos Aires Festival Internacional de Cine Independiente", kurz Bafici, das 1999 zum ersten Mal stattfand.

Schon damals sahen 120.000 Interessierte rund 170 Filme. Damit erfüllt das Festival eine wichtige Funktion, denn das Angebot an internationalen Filmen ist in Buenos Aires in den letzten Jahren geschrumpft. Heute gibt es noch fünf Kinosäle mit internationalem Programm. Zudem war und ist das Bafici eine Plattform für das junge und neue argentinische Kino. Viele argentinische Filmemacher präsentierten hier ihre ersten Filme.

Mittlerweile hat sich das Festival zum größten und bedeutendsten Treffen für unabhängiges Kino in Lateinamerika gemausert. Im vergangen Jahr wollten über 240.000 Menschen die 480 Filme sehen. Die Planungen für die zehnte Auflage laufen. Ob es tatsächlich stattfindet, ist ungewiss. Der Grund? Die Arbeitsverträge der Macher laufen Ende November aus.

Die Situation ist nicht neu. Der seit November 2004 verantwortliche Programmdirektor des Bafici, Fernando Martín Peña: "Wir arbeiten immer ab Mai am nächsten Festival im April des kommenden Jahres und zuvor laufen unsere Jahresverträge Ende November aus. Niemand garantiert uns, ob die Arbeit und das Geld, das hineingesteckt wird, letztlich auch in ein neues Festival münden werden." Noch nie hatte das Bafici eine langfristige institutionelle Unterstützung. Im Gegensatz zum Theaterfestival oder dem Tangofestival ist es nicht institutionell verankert. Es gibt nicht einmal ein eigenes Festivalbüro.

Das Bafici hing immer vom Wohlwollen der jeweiligen Stadtregierung ab. Bisher ging das gut. Die wechselnden Politiker stellten die finanziellen Mittel bereit und respektierten die Unabhängigkeit des Festivals. Doch jetzt könnte alles anders werden. Im Juni hat die Stadt am Río de la Plata einen neuen Regierungschef gewählt. Damals gewann der rechte Unternehmer Mauricio Macri mit gut 60 Prozent der Stimmen die Stichwahl. Am 10. Dezember tritt er das Amt des "Jefe de Gobierno", des Regierungschefs der Stadt Buenos Aires, an.

Zwar ist für die Menschen am Río de la Plata Fußball ein wesentlicher Teil der Kultur ihres Landes und Mauricio Macri ist zugleich Präsident des großen Hauptstadtclubs Boca Juniors, doch der Präsident lässt sich nie im Stadion blicken und der Club ist für ihn reines Geschäft. Ähnliches wird für die zukünftige Kulturpolitik der Stadt befürchtet. "Die zukünftige Stadtregierung hat schon vorab ihr kulturelles Desinteresse bekundet, am Festival im Speziellen und in der Stadt im Allgemeinen", bestätigt Luciano Monteagudo, Kulturkritiker der Tageszeitung Página/12.

Anfang November schrieb Fernando Martín Peña einen offenen Brief an den "mysteriösen Kulturminister" der Stadt. Schließlich wusste er nicht einmal, an wen er sich konkret wenden sollte, denn Macri konnte bis dahin keinen Verantwortlichen für die Kulturpolitik benennen.

Kurz darauf hatte Peña wenigstens einen Ansprechpartner. Als zukünftiger Kulturminister der Stadt wurde Hernán Lombardi präsentiert. "Mit ihm haben wir uns bereits getroffen", so Peña, "aber absolut nichts ist geklärt. Lombardi scheint nicht zu wissen, was er mit dem Bafici machen soll." Konkret erfuhr Peñanur, dass man über eine zeitliche Neuordnung des Festivals nachdenken müsse, um nicht in Konflikt mit dem Tango- und Theaterfestival zu kommen. Das heißt im Klartext eine Terminverschiebung.

Der Hotelier Hernán Lombardi war unter dem früheren Präsidenten Fernando de la Rúa schon einmal Tourismusminister. Dass er das Kultur- und Tourismusministerium in der Stadt zusammenlegen wird, hat er schon angekündigt. Kultur als Touristenattraktion? "Buenos Aires braucht die Kultur, auch für die Touristen. Wir haben keinen Strand", sagt Diego Lerer. Und so glaubt der Filmkritiker von Argentiniens größter Tageszeitung Clárin, dass Lombardi intelligent genug ist, das Festival nicht fallen zu lassen. "Das würde gleich zu Beginn seiner Amtszeit viele gegen ihn aufbringen, auch wenn 90 Prozent der Leute, die zum Bafici gehen, ohnehin nicht für Macri stimmen."

Auch wenn Fernando Martín Peña keinerlei Sympathie für den zukünftigen Regierungschef und dessen Kulturtourismusminister empfindet, das Jubiläumsfestival im April 2008 wollen sie unbedingt organisieren. "Es wäre absurd, das Festival ein halbes Jahr vorzubereiten und es dann nicht zu machen. Aber das einzige, was ich heute mit Sicherheit sagen kann, ist, dass unsere Verträge Ende November auslaufen und sonst nichts."

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