Ökofilm: Hollywood wird grün

Starbewehrte Agitation: Der Film "The 11th Hour - 5 vor 12" von Nadia Conners und Leila Conners Peterson zieht für Klimaschutz und Umweltbewusstsein ins Feld.

Die Conners-Schwestern mit ihrem Koproduzenten Leonardo DiCaprio. Bild: dpa

Die Schwestern Conners wollen erreichen, dass die Pizza in den USA in kompostierbaren Behältern nach Hause getragen wird. Jeder Konsument könne noch viel mehr zum Klimaschutz beitragen, wenn die Notwendigkeit endlich von allen begriffen werde, betonen Leila Conners Petersen und Nadia Conners in Interviews. Und: Die Medien müssten helfen, um endlich Bewusstsein zu schaffen. Es ist fünf vor zwölf, aber die Durchschnittsamerikaner ignorierten die Götterdämmerung bislang, und das unterstützt von der offiziellen regierungsamtlichen Bräsigkeit.

Dagegen treten die beiden Schwestern mit missionarischem Eifer an. Die Gründerinnen von Tree Media produzieren Filme zur Aufklärung und Internetforen für die praktischen Tipps im Alltag, vor allem aktivieren sie Stars für das Thema. Leonardo DiCaprio arbeitete bereits an zwei Kurzfilmen der Aktivistinnen mit, jetzt hat er den abendfüllenden Schocker "The 11th Hour" koproduziert und tritt darin als Erzähler auf.

Hollywood wird grün, titelten die Zeitungen nach dem amerikanischen Start des Films im vergangenen August. Nicht nur Leonardo DiCaprio und Robert Redford fordern durchgreifende Gesetze zum Klimaschutz und gehen damit direkt die Bush-Regierung an, viele andere Prominente machen den Umwelt- und Klimaschutz zur Celebrity-Sache. Was in Europa schon lange als ökologisches Basiswissen gilt, soll in den USA im Eiltempo in die Durchschnittsköpfe hinein; dies wiederum soll zur handfesten, messbaren Umkehr verhelfen. Der Furor der Dokumentarfilmerinnen ist verständlich, denn die Feuer der letzten Wochen in Kalifornien lieferten tagesaktuelle Beweise für die unangenehmen Botschaften, und auch der Wirbelsturm Katrina ist noch nicht vergessen.

Doch "The 11th Hour" ist kein seriöser Dokumentarfilm, er ist ein visuelles und argumentatives Bombardement. DiCaprio steht attraktiv vor grandiosen Landschaften und bürgt mit Blitzrhetorik dafür, dass erstens die Zusammenhänge zwischen Zivilisationsschäden und Klimaveränderungen unabweisbar sind und zweitens die Chance auf Rettung besteht. Zwischen den Kapiteln vom Sündenfall und der Erlösung breitet sich ein Flickenteppich der Statements von fünfzig renommierten Wissenschaftlern, Öko-Experten und Zukunftsdesignern aus.

Auch Michail Gorbatschow steht in Fernsehmanier ausgeleuchtet für die weltumspannende Dimension. Kern der Verkündigung ist die drohende Selbstauslöschung der Menschheit, der Zusammenbruch der Zivilisationen, die Zerstörung lebensnotwendiger Ressourcen. Ein radikaler Wandel stehe an, mit vorhandenen Technologien könne man 90 Prozent des Energieverbrauchs reduzieren: "What a great time to be alive!"

Apokalypse und Mutmacher-Logik werden in "The 11th Hour" im Zweisekundentakt mit Landschaftsbildern unterlegt: Alles, was je an den Orten grandioser Schönheit, deprimierender Ausbeutung oder berstender Naturkatastrophen aufgenommen wurde, ist zu einem wüsten Cocktail vermischt. Dieser Appell an nachhaltig sparsame Energiehaushalte traut der eigenen Kraft nicht und verschleudert seine Botschaft in der Form aufwändiger Indoktrination.

"The 11th Hour - 5 vor 12". Regie: Leila Conners Peterson, Nadia Conners. Mit Leonardo DiCaprio, Michail Gorbatschow u. a., USA 2007, 91 Min.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.