Kino-Film "Kurzer Prozess": Vorsicht, Selbstdemontage

Al Pacino und Robert De Niro geben in Jon Avnets Film "Kurzer Prozess - Righteous Kill" zwei alternde Cops . Doch die Diven taugen nicht mal fürs ironische Selbstzitat.

Am Tatort: Robert De Niro und Al Pacino. Bild: dpa

New Yorker Cops sind die härtesten. Und die ältesten. Robert De Niro und Al Pacino flanieren durch Jon Avnets "Kurzer Prozess- Righteous Kill" wie zwei alternde Diven; zusammen bringen sie es auf geschätzte 110 Dienstjahre, wie ihr Vorgesetzter (Brian Dennehy, selbst nicht mehr der Jüngste) einmal ironisch bemerkt. Anspielungen auf das Alter der New-Hollywood-Dinosaurier sind ein beliebtes Riff in der aktuellen Welle von amerikanischen Polizeifilmen, doch der Running Gag nutzt sich ebenso schnell ab wie das Novum, die faltigen Gesichter De Niros und Pacinos in nahezu jeder zweiten Einstellung im Close-up bewundern zu dürfen.

Zweimal schon haben sie gemeinsam vor der Kamera gestanden (in Coppolas "Der Pate 2" und Michael Manns "Heat"), ohne jedoch groß interagieren zu müssen. Der zentrale Dialog zwischen Pacino und De Niro in "Heat", rückblickend wohl auch der letzte Höhepunkt ihrer Karrieren, hat Filmgeschichte geschrieben, nicht zuletzt weil in ihm Hommage und Abgesang auf ein längst überholtes Männlichkeitsbild so unausweichlich zusammenfielen. Männerregisseur Mann inszeniert seine Hauptdarsteller gerne als große Schweiger, die lieber pragmatisch zupacken - eine Reminiszenz an die Western von John Ford oder Budd Boetticher. Die gebrochene Männlichkeit von De Niros und Pacinos Siebzigerjahre-Figuren (der sexuell frustrierte Travis Bickle in Martin Scorseses "Taxi Driver", der transsexuelle Sonny in Sidney Lumets "Hundstage") hat längst einer intakten Vorstellung von Virilität Platz gemacht.

"Kurzer Prozess - Righteous Kill" stellt nicht nur in dieser Hinsicht einen Tiefpunkt in den Karrieren von De Niro und Pacino dar. Ihre Cops heißen Rooster (Gockel) und Turk (Truthahn) und sind angelegt als einziges, nicht einmal sonderlich selbstironisches Zitat ihrer selbst. Sie entstammen einer Zeit, in der sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz noch zum guten Ton unter Kollegen gehörte; ihre Anzüglichkeiten adressieren gleichermaßen Zeuginnen wie die junge Forensikerin ihres Dezernats (Carla Gugimo), die mit Turk nächtens Vergewaltigungsfantasien auslebt. Wahrlich kein schöner Anblick.

Darüber hinaus dient Avnets Film aber auch als trauriges Fallbeispiel für die Schwundstufen des Method Actings. De Niros Temperamentsausbrüche sind inzwischen bloß noch ein Potpourri aus den drei immergleichen Gesichtsausdrücken und Gestiken, die er nun schon seit Jahren in so unterschiedlichen Filmen wie " Meine Braut, ihr Vater und ich" oder "Der Gute Hirte" recycelt. Er und Pacino rennen durch einen Film, dem ohne ihre Namen zweifellos das gnädige Schicksal einer Direct-to-DVD-Veröffentlichung widerfahren wäre.

Denn auch das Drehbuch von "Kurzer Prozess" ist nicht mehr als eine Ansammlung von Polizeifilmklischees. Abgehalfterte Cops, die permanent mit der Bürokratie hadern, ein Serienmörder, der hölzerne Gedichte am Tatort zurücklässt, und hitzige Wortgefechte im Umkleideraum zwischen den Platzhirschen und den nachdrängenden Jungspunden (John Leguizamo, Donnie Wahlberg). Es wird viel Testosteron gepumpt, aber die künstliche Aufgeregtheit verpufft wirkungslos. Und der handelsübliche Plot-Twist ist dermaßen an den Haaren herbeigezogen, dass man sich als Zuschauer am Ende reichlich veralbert fühlt. Nichts allerdings ist frustrierender, als zwei ehemals interessanten Schauspielern bei der Selbstdemontage zuzusehen.

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