Amazon will Netztagebücher vermarkten: Bloggen für Geld

Blogger können zukünftig ihre Inhalte über Amazons E-Book-Lesegerät Kindle im Monatsabo absetzen. Kleinere Konkurrenten wie das Berliner Start-up Txtr planen auch solche Verkaufsmodelle.

Jeff Bezos, CEO von Amazon, stellt den neuen Kindle vor. Bild: ap

In Amazons E-Book-Abteilung geht es derzeit Schlag auf Schlag: Nachdem in der vergangenen Woche eine größere Version des digitalen Lesegeräts Kindle vorgestellt wurde, die sich auch für Zeitungen und Magazine eignet, wird nun die Vermarktung der Inhalte http://kindlepublishing.amazon.comvorangetrieben. Der E-Commerce-Konzern, der im Bereich gedruckter Bücher in Ländern wie Deutschland und den USA enormen Einfluss hat, möchte es künftig Bloggern ermöglichen, ihre Inhalte auf die Kindle-Plattform zu hieven. Dafür werden Abomodelle angeboten.

Wurden bislang vor allem prominentere Netztagebücher, die Amazon speziell ausgewählt hatte, zu Preisen von einem bis zwei Dollar im Monat vertrieben, soll das Angebot mit einem Betaprogramm, bei dem sich jeder anmelden kann, künftig deutlich erweitert werden. Die Inhalte der Blogs werden dabei automatisch auf den Kindle des Nutzers ausgeliefert. Ein 14-tägiges kostenloses Probeabo inbegriffen.

Noch ist unklar, wie viel Blogger dafür tatsächlich verlangen dürfen - Amazon selbst will den jeweiligen Wert festlegen. Auch ist das Einnahmenverhältnis nicht unbedingt lukrativ: Amazon erhält 70 Prozent der Umsätze, 30 Prozent gehen an den Blogger. Dafür muss der sich nicht mit der Abrechnung oder der Auslieferung herumärgern, darf allerdings auch keine Zusatzeinnahmen mit Werbung erzielen.

Die Staffelung scheint auch für Zeitungen zu gelten: Der Herausgeber der "Dallas Morning News", James Moroney, sagte bei einer Anhörung vor dem US-Senat in der vergangenen Woche, Amazon habe dem Blatt ebenfalls nur 30 Prozent der Aboeinnahmen geboten. Das sei kein Geschäftsmodell, das für Zeitungen funktioniere, zumal der E-Commerce-Konzern sich die entsprechenden Lizenzen in einem Aufwasch für alle mobile Plattformen sichern wolle, so der Print-Manager.

Joscha Bach, Online-Entwicklungsleiter beim Berliner Start-up Txtr, das noch im Herbst ein eigenes Lesegerät für E-Books mitsamt neuer Vertriebsplattform auf den Markt bringen will, sieht das allerdings etwas anders. "Unter Umständen lohnt sich das für Blogger", meinte er im Gespräch mit taz.de. So gäbe es bislang für diesen Sektor außer Werbung kein funktionierendes Refinanzierungsmodell. "Ich kann mir schon vorstellen, dass es Leser gibt, die einen Blogger über ein Kindle-Abo unterstützen wollen."

Als Grund für Amazons tiefen Griff in die Tasche der Autoren sieht Bach vor allem die hohen Kosten für die digitale Infrastruktur. Nicht vergessen dürfe man aber auch, dass Amazon mit seinem Kindle derzeit Marktführer sei. Andererseits seien die Chancen, die eine Plattform wie Amazon mit ihrer Größe biete, nicht zu verachten. "Wenn Autoren einen größeren Anteil am Umsatz erhalten, rechnet es sich auch für sie, geringere Stückzahlen abzusetzen." Eine 30-prozentige Beteiligung sei im Printbuchbereich "ein Traum".

Txtr selbst will seine eigene Plattform trotzdem autorenfreundlicher gestalten als Amazon. "Die Autoren werden den Löwenanteil der Einnahmen bekommen." Ebenso wie Amazons Kindle soll der Txtr Reader seine Inhalte per Mobilfunk erhalten.

Bach sieht ganz neue Inhaltevarianten aufkommen, die sich über E-Book-Reader vertreiben lassen könnten. Dazu gehörten Formate, die sich im Printbereich nicht lohnten: Fortsetzungsgeschichten, Studien zu aktuellen Themen, bei denen Experten mit ihrem Fachwissen Geld verdienen könnten, aber auch kurze Ratgeberbücher.

Der Markt sei aber noch sehr, sehr jung: "Bislang weiß niemand genau, was funktioniert und was nicht." Sein Unternehmen nutze deshalb die Zeit bis zum Marktstart des Txtr Reader, den Markt zu sondieren. Ebenso wie Amazon erwägt die Firma neben dem Verkauf von Einzeltiteln auch das Angebot von Abos. Txtr steht hier nicht alleine da: Auch Verlage und andere Start-ups planen ähnliche Plattformen, die Amazon Konkurrenz machen sollen. Bislang ist der Branchenstar Kindle unterdessen noch gar nicht in Europa angelangt: Einen genauen Erscheinungstermin nannte Amazon nicht.

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