Regierung will Pornos verbieten: China verschärft Zensur im Internet

Peking kündigt ein Vorgehen gegen Suchmaschinen wie Google und Baidu an - angeblich, um Pornografie zu stoppen.

Wenn's nach der Regierung geht, dürfen chinesische Internetuser keine pornografischen Inhalte mehr anschauen. Bild: reuters

PEKING taz Eine neue Kampagne gegen Pornografie im Internet soll Chinas Jugend vor schlechten Einflüssen schützen. Wie die Polizei und sechs weitere Regierungsbehörden gestern in Peking bekannt gaben, durchforsten die Kontrolleure derzeit zahlreiche Internet-Provider, darunter auch die großen Suchmaschinen Baidu und Google, nach unanständigen Webseiten, um "einen Strom von Vulgarität aus dem Internet zu beseitigen". Gesetzesbrechern sollen harte Strafen drohen.

Man habe bereits viele Webseiten entdeckt, die "die öffentliche Moral verletzten und der körperlichen und geistigen Gesundheit der Jugend" schadeten, hieß es. Das staatliche Fernsehen berichtete, 19 Internetbetreiber und -seiten hätten "geschmacklose" Inhalte nicht schnell genug entfernt und Warnungen der Zensoren ignoriert.

Eine Sprecherin von Google China erklärte, das Angebot umfasse keine pornografischen Inhalte. Wenn doch, werde der Konzern Maßnahmen dagegen ergreifen. Der Weltmarktführer belegt auf dem chinesischen Suchmaschinenmarkt den zweiten Rang. Dominiert wird er von Baidu, die rund zwei Dritteln der User regelmäßig aufsucht.

Mit der Aktion versucht die Regierung eine Tendenz zu stoppen, die im Reich der Mitte nicht anders ist als im Rest der Welt: Professionelle und private Sexseiten, Blogs und Foren sind bei vielen der 250 Millionen Internetnutzer in China beliebt. Erregten vor wenigen Jahren noch Autorinnen wie beispielsweise die 25-jährige Bloggerin "Muzimei" Aufsehen, die ihre Sexabenteuer detailliert in ihren Blogs beschrieb, so gehören solche Bekenntnisse längst zum Internetalltag. Inzwischen empören sich die Eltern in China über die von Teenagern mit ihren Handys geknipsten Fotos von Sexspielen in Mittelschulen, die im Netz verbreitet werden.

Um möglichst viele Leser auf ihre Online-Seiten zu locken, stellen aber auch Parteiblätter wie die China Daily gern freizügige Bilder junger Frauen auf ihre Webseiten.

Als Ren Chaoqi, ein Bürger der Stadt Nanyang, im vergangenen Jahr von der Polizei dazu verurteilt wurde, eine Geldstrafe zu zahlen, weil er ein pornografisches Video aus dem Netz heruntergeladen hatte, wehrte sich der Mann. Er verlangte, vor Gericht gehört zu werden. Der Fall wurde im Internet heftig diskutiert, viele Landsleute stellten sich hinter ihn und erklärten, es sei kein Verbrechen, in den eigenen vier Wänden pornografische Filme zu sehen. Schließlich gab die Polizei nach. Ren musste keine Strafe zahlen, aber sich eine Ermahnung anhören.

In Webforen wie der cnbeta. com kommentierten viele Chinesen die neueste Säuberungswelle am Montag mit Hohn und Spott: "Danke für die Liste der vulgären Webseiten", schrieb ein Nutzer. "Ich will dort gleich einmal nach pornografischen Fotos suchen." Ein anderer meinte: "Wenn man es vermeiden will, der Jugend körperlichen und geistigen Schaden zuzufügen, dann sollte man nur noch Webseiten der Regierung zulassen." Ein Dritter erklärte kühl: "Tolle Arbeit, Propagandaabteilung!"

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