"Chaos Communication Congress": Die Hacker und das 19. Jahrhundert

Jährlich treffen sich in Berlin Nerds zum "Chaos Communication Congress". Diesmal feiern sie "Steampunk", die Verbindung von Technik und viktorianischer Zeit.

Familientreffen der Hacker: "Chaos Communication Congress" im Jahr 2005 Bild: ap

BERLIN taz Die Veranstaltung ist inzwischen älter, als mancher ihrer Besucher: Bereits zum 24. Mal kommen vom 27. bis 30. Dezember Hacker aus aller Welt unter dem Banner des renommierten wie traditionsreichen Chaos Computer Clubs (CCC) zu einem Kongress zusammen. Das Event, das nach kleinen Anfängen in Hamburg inzwischen in Berlin seine langjährige Heimat gefunden hat, versammelt Computer- und Internet-Spezialisten aus den verschiedensten Bereichen und zieht auch viele Wissenschaftler und Bürgerrechtsaktivisten an. Im Kongresszentrum bcc neben dem Berliner Alexanderplatz dürfte es in diesem Jahr etwas anders zugehen als noch zuletzt - es wird wohl verspielter, weil die Hacker unter dem Motto "Volldampf voraus!" an den so genannten Steampunk erinnern wollen. Dabei verknüpfen Technikfreaks moderne Technologie des Industriezeitalters mit der der viktorianischen Zeit - ein dampfbetriebenes Telex trifft da beispielsweise auf das Internet, ein Laptop wird mit Messingbeschlägen aufgerüstet. Entsprechende Geräte werden die Hacker auf der Veranstaltung vorführen und bauen helfen - in Workshops und Vorträgen. 2006 hatten sich die Hacker unter dem Motto "Who can you trust?" ("Wem kannst Du vertrauen?") hingegen einmal mehr die zunehmenden staatlichen Schnüffelbegehrlichkeiten als Hauptthema vorgenommen. Das Fazit der letztjährigen Veranstaltung war denn auch eher resignierend: Den Technikexperten sei es nur sehr selten gelungen, hieß es, ihre Haltung zu den Bürgerrechten im Netz umzusetzen. Das Gefühl, inzwischen in einem Überwachungsstaat zu leben, mache sich breit. Die Bewahrung der Privatsphäre werde mit Vorstößen wie der Vorratsdatenspeicherung oder dem "Bundestrojaner" immer schwieriger, müsse aber weiter aktiv gefordert und erkämpft werden. Das Thema Datenschutz wird aber auch auf dem "24C3" ein wichtiges Thema bleiben. Spionageprogramme des Staates werden ebenso analysiert wie Systeme der verteilten Sicherheit. Die Besucher werden lernen können, wie sie sich mit Anonymisierungstechnologien wie TOR schützen und ihre eigenen freien WLAN-Netze ("Freifunk") aufbauen. Die Panels und Workshops sind einmal mehr in die Bereiche "Gesellschaft", "Machen", "Wissenschaft", "Gemeinschaft" und "Hacking" eingeteilt, was bedeutet, dass sie nicht nur Technikfreaks ansprechen dürften. Die Liste internationaler Experten, die am "24C3" teilnehmen werden, ist bereits lang, das Kongressprogramm an drei Tagen, das traditionell noch bis in die letzte Minute verfeinert wird, schon jetzt mehr als voll. Aus gut 200 Vorschlägen konnten die Veranstalter diesmal die Rosinen picken. Etwas weniger stressig wie im letzten Jahr soll es dennoch werden: Statt vier Vorträgen gleichzeitig laufen nur doch drei. Neben den Steampunk-Elementen darf auch noch an anderen Stellen gebastelt werden. Im so genannten "Art & Beauty"-Camp, das traditionell innerhalb des Kongresses angesiedelt ist, wird an spannenden Projekten gewerkelt - gar an eine eigene Flugdrone ist gedacht. "Spaß am Gerät" gibt es bei dem Treffen wie üblich auch im so genannten "Hackcenter": Hunderte Besucher nehmen dazu ihre eigene Technik mit nach Berlin und arbeiten an den meist sehr stabilen und bandbreitenintensiven Leitungen ins Netz, die der CCC auffährt. Mit "Behinderungen auf der Datenautobahn", ergo: harmlosen Hacks, ist dabei jeweils zu rechnen - der Club schaltet dazu eine eigene Hotline. Ganz billig ist der Hackerspaß allerdings nicht, schließlich müssen Räume und Technik bezahlt werden: Der Standardeintrittspreis für alle drei Tage beträgt 80 Euro. Schüler und ALG-II-Empfänger erhalten aber Rabatt. Und einige Erfolge können die Hacker trotz aller Datenschutzalbträume in diesem Jahr dennoch feiern: So zeigten Aktivisten etwa in Hamburg die Unsicherheit einer Wahlstift-Technik, während in den Niederlanden nicht manipulationssichere Wahlcomputer auch auf Druck der Technikexperten abgeschafft wurden. Auch fühlt sich die Bewegung längst nicht mehr als einsamer Rufer im Wald, hieß es in einem Podcast zur diesjährigen Veranstaltung mit den CCC-Aktivisten Tim Pritlove und Constanze Kurz. Dies hätten die großen Demonstrationen gegen die Vorratsdatenspeicherung gezeigt.

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