Online-Stellenportal der Argbeitsagentur: Jobbörse wird zur Datenfundgrube

Datenschützer kritisieren Sicherheitslücken bei dem Online-Stellenportal der Bundesagentur für Arbeit. Betrüger könnten leicht an Bewerberdaten gelangen.

"Lässt sich mit dem Sozialdatenschutz in keinster Weise vereinbaren": Online-Jobbörse der Arbeitsagentur. Bild: Screenshot

BERLIN ap/taz Die Daten von fast 3,8 Millionen Jobsuchenden sind vor Missbrauch kaum geschützt. Zu diesem Fazit kommt der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar mit Blick auf die "Jobbörse" der Bundesagentur für Arbeit (BA). Betrüger könnten sich bei Deutschlands größtem Stellenportal im Internet leicht als Arbeitgeber registrieren und so an detaillierte Bewerberdaten gelangen.

"Dies lässt sich mit dem Sozialdatenschutz in keinster Weise vereinbaren", kritisiert Schaar laut Süddeutscher Zeitung. Die Kontrollmechanismen der Bundesagentur hält Deutschlands oberster Datenschützer für ungenügend. Schaar kritisierte, mit nur einer Geheimzahl könne ein Unternehmen bereits einen Teil der Bewerberdaten in nicht mehr anonymisierter Form einsehen und ein Stellenangebot aufgeben. Auf diese Weise könne sich jeder per E-Mail oder per Post Bewerbungsunterlagen zuschicken lassen, mit Adresse, Telefonnummer, Geburtsdatum, Zeugnissen und Lebenslauf. Nachweisen, dass er oder sie auch einen Job zu vergeben hat, müsse er nicht. Schaar forderte die Bundesagentur für Arbeit auf, "dieses Einfalltor für Datenmissbrauch unverzüglich zu schließen".

Derzeit beschäftigten sich täglich 20 BA-Mitarbeiter ausschließlich damit, Stellenangebote in der Jobbörse zu sichten und zu überprüfen, sagte BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker. "Da fliegen pro Woche 100 bis 200 Stück raus, weil sie den Ansprüchen nicht genügen." Agentur-Sprecherin Ilona Mirtschin sagte, in Einzelfällen sei ein Missbrauch nie auszuschließen; 99,9 Prozent der registrierten Arbeitgeber seien aber wirklich an neuen Mitarbeitern interessiert. Außerdem könne jeder Jobsuchende festlegen, welche Daten in seinem Profil im Internet für andere zu sehen seien.

Der frisch ernannte Arbeits- und Sozialminister Franz Josef Jung (CDU) sprach sich dafür aus, dass die Arbeitsagentur und der Bundesdatenschutzbeauftragte gemeinsam die derzeitige Sicherheitslage "überprüfen". Jung gab allerdings zu bedenken, die Jobbörse stelle "einen ganz wichtigen Beitrag" dar, um Menschen in Arbeit zu bringen. Deshalb dürfe man im Interesse der Arbeitsuchenden "die Hürden nicht so hoch legen".

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth warf der Bundesanstalt vor, sie sei "nicht willens, einfachste Schutzvorkehrungen in ihrer Jobbörse einzurichten". Die neuerlichen Vorfälle summierten sich mit Skandalen bei Telekom, Lidl oder der Deutschen Bahn. "Arbeitnehmer brauchen Schutz vor Unternehmen, die immer tiefer in die Privatsphäre ihrer Angestellten eindringen", sagte Roth und forderte ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz.

Kritik übt auch die Linkspartei. "Die von der Bundesagentur angegebenen Stichproben sind absolut ungenügend und dem Schutzanspruch dieser extrem persönlichen Daten unangemessen", urteilt der Datenschutzbeauftragte der Linke-Fraktion, Jan Korte. Hier werde "die unsichere Situation von Arbeitsuchenden verantwortungslos ausgenutzt", sagte Korte.

Im September fanden sich in der Jobbörse nach Angaben der BA knapp 600.000 Stellenangebote von mehr als 55.000 Arbeitgebern. Täglich nutzten mehr als eine halbe Million Besucher das Portal, das neben Arbeits- und Ausbildungsplätzen auch Mini-Jobs und Praktika aufführt.

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