Bündnis der Internetriesen: Keine Innovation bei "Microhoo"

Die IT-Konzerne Yahoo und Microsoft verkaufen der Öffentlichkeit ihre Allianz als Angriff auf das Monopol des Konkurrenten Google. Tatsächlich gibt es künftig weniger Auswahl.

Bartz und Ballmer beim Geschäftemachen. Bild: ap

BERLIN taz | Für ihre Öffentlichkeitsarbeit zum geplanten Zusammengang im Suchmaschinengeschäft haben sich Yahoo und Microsoft eine hübsche Internet-Adresse ausgesucht. "ChoiceValueInnovation.com" soll schon vom Namen her signalisieren, dass die Nutzer bei dem Deal mehr Auswahl, die Werbekunden einen höheren Reklamewert und die Marktteilnehmer an sich mehr Innovation bekommen. Fragt sich nur, ob das wirklich stimmt. Das auf zehn Jahre angelegte Geschäft zwischen Microsoft-Boss Steve Ballmer und der erst seit Januar amtierenden neuen Yahoo-Chefin Carol Bartz weist nämlich einige Fragezeichen auf, die Experten nach der lange erwarteten Ankündigung auch flugs herausarbeiteten.

Martin McNulty, Direktor des Suchmaschinen-Marketingunternehmens Trafficbroker, brachte es gegenüber dem Fachdienst "PaidContent.org" auf den Punkt: "Auf den Mann auf der Straße hat dieses Geschäft kaum Einfluss. Weder Bing noch Yahoo bieten irgendetwas an, was besser wäre als das Google-Angebot." Tatsächlich ist ja genau das die Absicht bei dem Deal: Google hat weltweit nach wie vor 80 Prozent Marktanteil im Suchmaschinenbereich - und den wollen Yahoo und Microsoft nun eben gemeinsam knacken, indem Microsoft die Technik und Yahoo den Verkauf übernimmt. Vorabgeld fließt dabei nicht: Statt Yahoo rundheraus zu übernehmen, hat sich Microsoft mit dem Internet-Konzern auf eine Umsatzteilung geeinigt. Die sei auf lange Sicht cleverer, meint man bei Yahoo.

Die Börse zeigte sich von "Microhoo" unterdessen wenig begeistert: Während Microsofts Aktie um 1,4 Prozent stieg, sank Yahoos Papier nach der Ankündigung wie ein Stein, in der Spitze um über zwölf Prozent. Die Anleger fürchteten vor allem, dass Yahoo durch das Geschäft marginalisiert werden könnte.

Weit hergeholt ist das nicht. Mit dem angeblichen Zugewinn an Innovation durch den Zusammengang steht es nämlich schlecht. Da Yahoo künftig schlicht die Suchtechnologie von Microsoft, seit kurzem in Form der aufgebohrten "Windows Live"-Suche "Bing" am Start, übernehmen wird, bleibt hier neben Google nur noch ein großer Player übrig. Yahoo hatte zwar nie das Image einer technologiegetriebenen Firma, weil man den Internet-Konzern gerne als Portalbetreiber mit vielen bunten Diensten wahrnahm. Tatsächlich hatte er aber vor Bartz' Dienstantritt allerlei Fortschritte gemacht, etwa bei der modernen semantischen Suche, der Einbindung von Kartenmaterial und der Verfügbarmachung von Schnittstellen für externe Programmierer. All das dürfte jetzt sang- und klanglos beerdigt werden. Hinzu kam, dass Yahoo neben Google und Microsoft zu den wichtigsten Aufkäufern von Technologie im Silicon Valley gehörte.

Junge Start-ups, die modernste Innovationen entwickeln, benötigen, um Investorengelder einzuwerben, eine Exit-Strategie. Da in den USA die Börse für Internet-Firmen noch immer weitgehend dicht ist, blieb in den letzten Jahren vor allem der Aufkauf durch große Unternehmen. So landete etwa der Fotodienst Flickr bei Yahoo oder der viel genutzte Bookmarking-Service Del.icio.us. Auch Facebook wäre einst beinahe von Yahoo übernommen worden, ebenso war zwischenzeitlich gar der Kauf Googles im Gespräch (das war allerdings bereits 2002). Natürlich wird Yahoo auch nach dem Microsoft-Deal noch ab und an auf Shopping-Tour gehen. Der wichtige Suchbereich, noch immer Hauptanwendung im Netz und damit Innovationstreiber (etwa im Bereich der Echtzeiterfassung von Inhalten, siehe Twitter), bleibt dabei ab sofort außen vor.

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