Pirate-Bay-Prozess: Piraten punkten am ersten Prozesstag

In Schweden soll den Betreibern von Pirate Bay, der größten BitTorrent-Seite der Welt, der Prozess gemacht werden. Doch bis jetzt sieht es gut für aus für die Angeklagten.

Die Pirate-Bay-Gründer Gottfrid Svartholm Warg und Peter Sunde. Bild: dpa

STOCKHOLM taz Es sollte der Tag der Anklage sein. Der erste Prozesstag gegen vier Verantwortliche des BitTorrent-Trackers „Pirate Bay" in Stockholm. Doch tatsächlich sammelten zunächst einmal vor allem die Angeklagten wichtige Pluspunkte. Besonders was den Teil des Verfahrens angeht, der sich um mögliche Schadensersatzforderungen der Film-, Musik- und Computerspielbranche in Höhe von umgerechnet rund 12 Millionen Euro dreht.

Hinweise des Gerichts und Einwände der Verteidigung machten klar, dass diese Forderungen sowohl aus tatsächlichen wie aus rechtlichen Gründen auf sehr wackeligen Beinen stehen. Die US-Filmbranchenorganisation Motion Picture Association (MPA) fordert pro Download einer der neun Filme, die sie stellvertretend zum Gegenstand des Prozesses gemacht hat, beispielsweise jeweils rund 50 Euro von den „Piraten" – den Preis, den ein Nutzer der von „Pirate Bay" bereitgehaltenen Torrents ansonsten für den Kauf einer DVD hätte aufwenden müssen. Doch sind die vier Angeklagten wegen der Bereitstellung der Pirate-Bay-Webbseite lediglich der Mithilfe an einem möglichen Urheberrechtsverstoß angeklagt. Sowohl nach schwedischem wie nach EU-Recht ist es aber höchst zweifelhaft, ob gegenüber einem bloßen Mithelfer derartige Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden können, solange die eigentlichen „Täter" unbekannt sind - was hier der Fall ist. Dass sie sich ohne den Download nämlich die entsprechende DVD gekauft hätten, bleibe so eine bloße Vermutung ohne Beweiswert.

Auch wurde klargestellt, dass vor einem schwedischen Gericht allenfalls nur solche eventuelle Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden können, bei denen die Downloads, auf die sich die Film- und Musikbranche berufen hat, auch tatsächlich durch in Schweden lebende User erfolgt sind. Eine Voraussetzung, die den Vertretern der Filmbranche offenbar völlig unbekannt war und sie dementsprechend auch deutlich überraschte.

Was den Kern der Anklage der Beihilfe zur Urheberrechtsverletzung durch Bereitstellen eines BitTorrent-Trackers angeht, verneinte die Verteidigung bereits den erforderlichen Tatbestand. Die Eröffnung und der Betrieb einer derartigen Website seien durch kein Gesetz verboten. Es werde lediglich eine Technik bereitgestellt, die zu legalen, aber auch zu illegalen Zwecken gebraucht werden könne. Auch ein Autofabrikant könne nicht dafür verantwortlich gemacht werden, wenn mit einem von ihm produzierten Fahrzeug eine Geschwindigkeitsübertretung begangen werde. Jedenfalls hätten die Angeklagten nie die Absicht gehabt, dass „Pirate Bay" zur Verbreitung urheberrechtlich geschützten Materials einen Beitrag leisten sollte.

Weitere Punkte auf der Tagesordnung des ersten Verhandlungstages waren eine Power-Point-Präsentation, in welcher dem Gericht die Funktion der BitTorrent-Technik erklärt werden sollte, eine Darstellung der Entwicklung von „Pirate Bay" und die Frage, welche Einnahmen die Website durch Anzeigenbanner erzielt. Nach Schätzung der Staatsanwaltschaft sollen es rund 120.000 Euro zwischen Mitte 2005 und Mitte 2006 – dem Zeitpunkt der polizeilichen Razzia gegen „Pirate Bay", die zur jetzigen Anklage führte – gewesen sein. Unklar blieb aber, was davon bei Zwischenhändlern hängen geblieben war und wie viel tatsächlich bei „Pirate Bay" selbst gelandet sein soll.

Gerade die Frage der Anzeigeneinnahmen könnte nicht nur für die Höhe einer möglichen Geldbuße oder eines Schadensersatzes wichtig werden. Die Anklage zielt auch darauf ab, das Bild von selbstlosen Computerfreaks, die da angeblich ohne eigenes Gewinninteresse der Internetcommunity einen Dienst zur Verfügung stellen wollen, zu erschüttern.

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