Twitter-Community schlägt zurück: Starbucks entgleitet Guerilla-Marketing

Die Kaffeekette Starbucks ist in den USA in der Krise. Eine Kampagne, die auf Twitter und Co setzt, soll das ändern. Doch die wird von Geschwerkschaftsaktivisten torpediert.

Hätte so gerne ein positives "Feelgood"-Image: Starbucks. Bild: dpa

Starbucks bemüht sich ums soziale Netz: Auf der Website "My Starbucks Idea" kann jeder der Kaffeekette Produktideen vorschlagen und sie mit anderen Nutzern diskutieren. Und eine neue Werbekampagne, die die Qualität des Starbucks-Kaffees betont, setzt auch auf munteres Gezwitscher der Kunden beim populären Kommunikationsdienst Twitter. All das soll dabei helfen, eine Marke wiederzubeleben, die seit inzwischen einem Jahr in der Krise ist: Viele Kunden sehen nicht mehr ein, für einen schaumigen Kaffee von Starbucks vier oder fünf Dollar zu zahlen.

Im aktuellen Weltwirtschaftsdebakel, so scheint es, kann sich auch niemand solche Preise leisten. Und auch die Konkurrenz der derzeit massiv beworbenen Konkurrenz McCafé dürfte ihr übriges getan haben - auch wenn Starbucks selbst das massiv dementiert. Ergebnis: Starbucks musste fast 1.000 Filialen in den USA schließen und hat mit Umsatzrückgängen zu kämpfen.

Doch auch das Web 2.0 scheint keine ideale Werbeumgebung für die Kaffeekette zu sein, die mit Hilfe von jungen Hipstern im Netz endlich wieder an ihrem Image des urbanen und vor allem politisch korrekten Kaffeehauses anknüpfen wollten. Denn kaum hat Starbucks seine Kampagne gestartet, schon versuchen gewerkschaftliche Online-Aktivisten, die Kampagne des Konzerns zu kapern.

Die Idee: Während Starbucks über Twitter versucht, Nutzer zum Fotografieren der aktuellen Werbemotive zu bringen und diese Bilder dann ins Netz zu stellen, bitten die Aktivisten User, sich mit Forderungsschildern vor einer Starbucks-Filiale zu postieren, und diese Aufnahmen zu posten. "Wacht auf und riecht die Arbeiter-Misshandlung", steht auf diesen Plakaten. Oder "Der bittere Geschmack der Unterdrückung von Gewerkschaften".

Die Vorwürfe: Starbucks versuche zu verhindern, dass die Mitarbeiter sich gewerkschaftlich engagieren - und werfen die, die es trotzdem tun, raus. Starbucks entgegnet, dass die Firma insgesamt bessere Arbeitsbedingungen anbiete als viele andere Fastfood-Ketten - unter anderem eine subventionierte Krankenversicherung.

Hinter dem Online-Aktivismus-Projekt steckt der linke Filmemacher Robert Greenwald. Er ist für seinen Anti-Bush- und Anti-Walmart-Aktivismus bekannt. Auch bei der Supermarktkette wird gewerkschaftliche Arbeit unterdrückt. Ein Verhalten, dass Greenwald ärgert - besonders, wenn ein Unternehmen sich, wie Starbucks, als besonders sozial darstellt und auf den Wohlfühlfaktor setzt: "Man kann sich nicht als progressiv bezeichnen, wenn man gleichzeitig Arbeitsrecht bricht und die Arbeiter davon abhält, einer Gewerkschaft beizutreten."

Starbucks-Chef Howard Schultz habe seinen Mitarbeitern versprochen, sie könnten ihm vertrauen und bräuchten deshalb keine Organisation zur Verteidigung ihrer Arbeitnehmerrechte. Doch noch 2008 seien drei Mitarbeiter wegen gewerkschaflticher Tätigkeiten entlassen worden, kritisiert Greenwald. Und rechnet in seinem Film vor dass ein durchschnittlicher Starbucks-Barista 7,75 US-Dollar erhält - und nicht-organisierte Kollegen 30 Prozent weniger Lohn beziehen als Starbucks-Angestellte, die einer Gewerkschaft angehören.

Noch ist unklar, wie erfolgreich die Kampagne der Aktivisten, die sie selbst "Twitter Bombing" nennen, wirklich ist. Zwar sahen innerhalb von drei Tagen bereits 33.000 Nutzer ein Greenwalds YouTube-Video, in dem Starbucks scharf kritisiert wurde. Bei einer Suche auf Twitter halten sich positive wie negative Meinungsäußerungen allerdings die Wage.

Die sogenannten Hashtags, also Twittersuchwörter, "#starbucks" und "#top3percent" (letzteres steht dafür, dass Starbucks nur drei Prozent der geernteten Kaffeebohnen für gut genug hält) führen in den letzten Tagen zu fast gleichen Teilen auf positive Berichte ("Toller Service bei Starbucks") wie negative ("Gewerkschaften zu behindern ist keine gute Personalpolitik"). Bilder von Menschen, die mit Schildern vor Starbucks-Filialen stehen, fanden sich hingegen kaum. Außerdem kommen Links zu Beiträgen über die Kampagne selbst häufig vor: Ein klassischer Fall von Meta-Twitterei. Der Twitter-Account "@stopstarbucks" hat zudem bislang nur knapp über 220 Follower, was an sich kaum Publicity produziert.

Bei der Kaffeekette selbst reagiert man unterdessen leidlich gelassen. In ihrem eigenen Twitter-Account taucht keine direkte Entgegnung auf Greenwalds Kampagne auf, am Mittwoch postete "@starbucks" allerdings den dezenten Hinweis, dass das Unternehmen bei einem "Best Places to Work"-Panel aufgeführt worden sei, bei dem es um die besten Arbeitgeber der USA ging. Zumindest die Idee, preiswerte Publicity über Soziale Netzwerke zu generieren, scheint bei Starbucks ziemlich daneben gegangen zu sein.

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