Brisanter Rechtsstreit: Yahoo zahlt Chinas Dissidenten aus

Yahoo soll mitschuldig daran sein, dass China zwei Demokratieaktivisten zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt hat. Das gibt der Konzern zwar nicht zu - zahlt aber Entschädigung an ihre Familien.

Mussten sich vor dem US-Kongress rechtfertigen: Yahoo-Chef Jerry Yang (re.) und sein Justiziar Michael Callahan (li.). Bild: ap

Es war ein Fall, der für mehr als nur schlechte Presse für den Internet-Giganten Yahoo sorgte: Der Portalbetreiber, wie viele wichtige US-Web-Konzerne auch in China vertreten, soll 2002 und 2004 so bereitwillig mit den kommunistischen Behörden zusammengearbeitet haben, dass zwei Internet-Demokratie-Aktivisten im Gefängnis landeten. Dort sitzen Wang Xiaoning und Shi Tao noch immer - verurteilt zu zehn Jahren für "Subversion des Staates" (Xiaoning) und angeblichen "Verrat von Staatsgeheimnissen an ausländische Websites" (Tao). Beide hatten sich zuvor in Internet-Postings für mehr Demokratie ausgesprochen.

So weit, so schlimm. Doch die Familien der beiden Cyber-Dissidenten ließen Yahoo, das E-Mails und Internet-Adressen an die Behörden weitergegeben haben soll und dies mit "gesetzlichen Notwendigkeiten" begründete, nicht davonkommen: Sie verklagten den Konzern mit Hilfe der US-Menschenrechtsorganisation "World Organization for Human Rights" in seinem Heimatland. Das Zivilverfahren wurde nun außergerichtlich beigelegt. Wie am Dienstag bekannt wurde, zahlt Yahoo den beiden Familien eine nicht näher bezeichnete Summe, gibt seine Schuld - wie bei solchen Ausgleichen üblich - allerdings auch nicht offen zu. Dennoch sollen sich Yahoo-Manager privat bei den Familien entschuldigt haben - darunter auch Firmengründer Jerry Yang, wie US-Medien berichten.

Zuvor hatte Yahoo sein Verhalten vor dem amerikanischen Kongress begründen müssen. Die Abgeordneten fragten unter anderem, wie dies habe passieren können. Der Demokrat Tom Lantos, der das Hearing einberufen hatte, schimpfte Yang und den Yahoo-Justiziar Michael Callahan regelrecht aus und forderte das Unternehmen auf, den Rechtsstreit so schnell wie möglich beizulegen. Laut dem "Wall Street Journal", das mit Yahoo-Insidern sprach, war denn auch die Entscheidung, sich außergerichtlich mit den Dissidenten-Familien zu einigen auch eher eine "humanitäre denn eine anwaltstaktische".

Neben den Geldern, die an die Familien fließen sollen, will Yahoo offenbar zusätzlich Rechtsbeistand leisten. Der Konzern kündigte außerdem an, neben der Unterstützung der Familien auch einen "Human Rights Fund" einzurichten, über den Dissidenten künftig finanziell und rechtlich Beistand geleistet werden soll, falls sie aufgrund ihrer freien Meinungsäußerung mit dem Gesetz in Konflikt geraten. "Wir wollen unsere Taten unseren Werten folgen lassen, auf der ganzen Welt", hieß es von Yang nun. "Nachdem ich die Familien getroffen hatte, war mir klar, dass dies für sie, für Yahoo und für die Zukunft getan werden muss."

Morton Sklar, ein Anwalt der "World Organization for Human Rights", der die Dissidenten-Familien vertrat, sagte, man sei "sehr zufrieden" mit dem Ergebnis der außergerichtlichen Einigung. Der Fall hätte sonst womöglich bis zu fünf Jahre vor dem Richter verbracht, meinte er. Der Anwalt hofft nun, dass die Aufmerksamkeit, die die beiden Dissidenten durch das Verfahren auch im US-Kongress erlangten, doch noch zu ihrer baldigen Freilassung führen kann. Tao und Xiaoning sollen ihren Familien zufolge hinter Gittern gefoltert worden sein.

Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Konflikte, in die sich ausländische Konzerne insbesondere im Medienbereich bei ihren China-Geschäften regelmäßig begeben. So zensiert etwa Google freiwillig die örtliche Variante seiner Suchmaschine und begründet dies damit, dass man zumindest den Rest seiner Angebote der chinesischen Bevölkerung präsentieren wolle. Stehen die Internet-Server der ausländischen Anbieter direkt in China, ist der Zugriff für die Behörden besonders leicht.

Neben den Portal-Betreibern, die mit der repressiven Regierung zusammenarbeiten, kritisieren Menschenrechtlern auch ausländische Hersteller von Internet-Hardware. So liefern US-IT-Konzerne etwa Filtertechnik an die Kommunisten, über die die Internet-Zensur überhaupt erst gut funktioniert. Ein US-Gesetzentwurf soll künftig dafür sorgen, dass amerikanischen Firmen die Komplizenschaft mit Behörden, die Menschenrechte verletzten, unter Strafe verboten wird. Noch ist das Paragraphenwerk aber nicht verabschiedet.

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