Schlingensiefs "Operndorf" in Zentralafrika: "Kein Rotwein-Scheiß"

Ein Traum des Regisseurs Christoph Schlingensief nimmt Gestalt an. Am Montag startete der Bau eines "Operndorfes" in Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou. Schlingensief will dort "von Afrika lernen".

Planungsarchitekt Francis Kéré wird von Schlingensief gefilmt. Kann das Projekt den kolonialen Blick überwinden? Bild: dpa

BERLIN/OUAGADOUGOU dpa | Der Berliner Regisseur Christoph Schlingensief (49) hat am Montag den Grundstein für sein "Operndorf" im afrikanischen Burkina Faso gelegt. An dem folkloristisch umrahmten Festakt in Laongo unweit der Hauptstadt Ouagadougou nahmen zahlreiche Vertreter aus Kultur und Politik teil, darunter der Kulturminister des Landes, Filippe Savadogo, und Stammeshäuptlinge der Region.

Am Abend stand auch ein Empfang bei Premierminister Tertius Zongo auf dem Programm. Savadogo hob vor allem den Ausbildungscharakter des Projekts für einheimische Kinder und Jugendliche hervor. Das "Operndorf" werde erneut zeigen, über welche künstlerische Ressourcen sein Land verfüge.

Schlingensief und sein Planungsarchitekt Francis Kéré, der aus Burkina Faso stammt und in Berlin lebt, wollen in dem Dorf eine Schule für Musik- und Filmunterricht, Theater- und Veranstaltungsräume, Werkstätten und eine Krankenstation errichten, wozu in den letzten Tagen auch 13 Container von der Ruhrtriennale auf den Weg gebracht worden waren. Die ersten Klassen sollen im Oktober ihre Arbeit aufnehmen.

Der an Lungenkrebs erkrankte Schlingensief wurde mit Filmen wie "Das deutsche Kettensägenmassaker" und Inszenierungen an der Berliner Volksbühne wie "Bring mir den Kopf von Adolf Hitler" und "Rocky Dutschke" bekannt. Von 2004 bis 2007 arbeitete er am Bayreuther Festspielhaus, wo unter seiner Regie die Wagner-Oper "Parsifal" neu aufgeführt wurde.

Schlingensief legte beim Spatenstich fürs "Operndorf" unter anderem seine frühen Filme aus den 70er Jahren in die Grundstein-Kassette. Dabei erinnerte er auch an die Unterstützung von Bundespräsident Horst Köhler und zahlreicher anderer Persönlichkeiten wie Sänger Herbert Grönemeyer, Schriftsteller Henning Mankell und Hollywood-Regisseur Roland Emmerich für das Projekt mit vielen großen und kleinen Spenden, das unter dem Motto "Von Afrika lernen" steht.

"Es geht hier auch nicht um Kunst l'art pour l'art, also um ihrer selbst willen, sondern vor allem darum, dass Leben und Politik kunstvoller gemacht werden sollen", sagte Schlingensief am Montag. Dabei stehen für ihn vor allem die Kinder im Mittelpunkt. "Sie brauchen Zeit für ihre eigenen Bilder und Farben ihrer Kultur. Dabei wollen wir ihnen helfen, ohne den großen Zeigefinger des weißen Mannes aus Europa." Also "kein abgehobenes Bayreuth, keine Ramba-Zamba-Veranstaltung, kein Rotwein-Scheiß und auch keine Reißbrett- Ruine nach dem Motto "Die Weltmeisterschaft ist zu Ende und dann hauen wir alle wieder ab" - im Gegenteil, ich komme schon im März zu meiner ersten Inszenierung nach Ouagadougou wieder."

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