Krise bei der WAZ-Gruppe: Abnehmen in Essen

Die zwei Gesellschafter der WAZ-Gruppe sind verfeindet. Nun beginnen die Machtverhältnisse zu wanken. Um die einbrechende Auflage wird sich nicht gekümmert.

Verstimmter Verlagssenior: Günther Grotkamp Bild: dpa

BERLIN taz | Die WAZ-Gruppe hat schon bessere Zeiten gesehen, damals, als zweistellige Umsatzrenditen in der deutschen Presse die Regel und bei der WAZ immer noch ein bisschen höher waren.

Doch jetzt sinken die Umsätze - von knapp 2 Milliarden Euro 2007 auf geschätzte 1,1 Milliarden 2010. Trotzdem gelten die WAZ-Gesellschafter als Könige der Gewinnentnahme - auch wenn da gar nicht mehr so viel zu holen ist. Zumindest das eint noch die Erben der Verlagsgründer Erich Brost und Jakob Funke, ansonsten sind sich beide Clans seit Langem in herzlicher Abneigung verbunden.

Und das auf ewig: Denn mit der WAZ-Lizenz anno 1948 wurde zwischen dem CDU-Mann Funke (1901-1975) und dem SPDler Brost (1903-1995) ein immerwährendes Gleichgewicht vereinbart. Entscheidungen in der paritätisch besetzten Geschäftsführung müssen einstimmig fallen. Man ist auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen.

Doch jetzt sind laut Manager Magazin (MM) Verträge aufgetaucht, die Ungeheuerliches enthüllen: Danach hat Stephan Holthoff-Pförtner als Teil des Funke-Clans 2008 heimlich mit Erich Brosts Witwe Anneliese gedealt. Für einen Kredit von 85 Millionen Euro erhielt der Brost-Clan eine Kaufoption auf die Hälfte der von der Funke-Tochter Gisela Holthoff und ihrer Familie gehaltenen Anteile am Konzern (16,6 Prozent), daneben wurde eine Kooperation vereinbart. Sollten die Brost-Erben - Anneliese Brost starb 2010 - die Option ziehen, wäre das Gleichgewicht des Schreckens bei WAZzens dahin.

Verlagssenior stellt sich quer

Deshalb steht der andere Teil des Funke-Clans auf den Barrikaden. Verlagssenior Günther Grotkamp (84), bis 2000 einer der WAZ-Geschäftsführer und vor allem seit 1986 Gatte der Funke-Tochter Petra, droht mit dem Ausschluss Holthoff-Pförtners aus dem Gesellschafterkreis. Anwälte wurden in Marsch gesetzt, die Verträge möglichst aufzuheben. Denn sie verstießen nicht nur gegen die Spielregeln der Funke-Gruppe und deren Vorkaufsregelungen. Der Deal, so das MM-Magazin, setze die Holthoffs auch "dem Verdacht aus, dass sie sich ihr Wohlverhalten von Anneliese Brost hätten abkaufen lassen".

Alles Quatsch, wehrt sich bei Kress der 62-jährige Anwalt Holthoff-Pförtner, der schon Helmut Kohl (Parteispendenaffäre) und Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (Loveparade) vertrat: Nur durch den Kredit habe er seinen ausstiegswilligen Stiefbruder Frank aus dem Konzern herauskaufen können. Nun wolle man die Verträge "so modifizieren, dass sie nach Auffassung aller Beteiligten weder dem Recht der Funke-Gruppe noch dem WAZ-Recht widersprechen".

Da die WAZ-Gesellschafter mal wieder munter miteinander beschäftigt sind, droht ein anderer Umstand ein bisschen aus dem Blick zu geraten: Im Ruhrgebiet fallen die Auflagen der WAZ-Titel weiter dramatisch. Die einst stolze Westfälische Rundschau aus Dortmund verkauft sich in der Stadt des Fußballmeisters gerade noch rund 50.000-mal am Tag, der biedere Erzkonkurrent Ruhr-Nachrichten schafft nach eigenen Angaben fast das Doppelte.

Und die Rosskur, bei der die NRW-Titel ein Drittel ihrer rund 900 Redaktionsstellen abbauten, hat der Konzern immer noch nicht verdaut. Die überlieferte Reaktion immerhin passt ins angestammte Bild: Weil der Westen lahmt, sagt ein Insider, melke die WAZ-Guppe gerade ihre deutlich profitableren Thüringer Blätter einfach umso stärker.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.