Afrikas neue TV-Agentur A24: Bilder jenseits von Blut und Krieg

Die Agentur A24 will mit ihren TV-Bildern die positiven Seiten Afrikas vermitteln und das Monopol westlicher Berichterstatter knacken - ein sehr ehrgeiziges, leider realitätsfernes Ziel.

Zufriedenes Lächeln: Journalist Salim Amin beim Start seiner Videoagentur A24. Bild: dpa

Salim Amin ist ein Mann, der aus der Not eine Tugend machen kann. Verzagen kommt für ihn nicht in Frage. Der über 1,80 Meter große, füllige Kenianer indischer Herkunft thront zufrieden hinter einem Schreibtisch von der Größe eines Kneipentresens auf seinem Lederdrehstuhl und prophezeit: "Eines Tages wird unser afrikanischer Nachrichtenkanal noch Wirklichkeit."

Zwei Jahre lang hat Amin versucht, Sponsoren und Zuschussgeber für seinen Traum, einen 24-Stunden-Nachrichtensender aus Afrika über Afrika, zu finden - ohne Erfolg. Dabei war die Idee bestechend simpel: In den 53 afrikanischen Staaten sollten insgesamt 53 einheimische Journalisten geschult und dann mit Digitalkamera, Schnittcomputer und digitaler Übertragungseinheit ausgerüstet werden.

Das Know-how in diesem Bereich hat Amin zweifellos, ist er doch Sohn eines der berühmtesten Fotografen Afrikas, Mo Amin, und Chef von Kenias ältestem Fernsehproduzenten Camerapix. Doch die umworbenen Sponsoren bissen einfach nicht an. Das neue A24, Mitte September offiziell gestartet, ist deswegen auch kein Sender, sondern eine Agentur für Fernsehbilder aus Afrika. Zumindest trägt es noch den gleichen Namen - und verfolgt das gleiche Ideal.

"Wir wollen Filmemacher in Afrika stärken", erklärt Amin. "Bei uns verdienen sie jedes Mal mit, wenn ihr Stück verkauft wird, und sie behalten außerdem das volle Urheberrecht." Das System ist einfach: Freie Journalisten und Kameraleute senden ihre Filme zu A24 nach Nairobi, wo sie auf der Website (www.a24media.com) eingestellt werden. Kauft ein Fernsehsender den Film, bekommt der Urheber 60 Prozent des an A24 überwiesenen Pauschalbetrags von derzeit 800 US-Dollar, also immerhin 480 US-Dollar. Der Käufer erhält im Gegenzug das Recht, den Film im eigenen Land exklusiv auszustrahlen - für ein Jahr. Dreht ein Kameramann aufregende Bilder, die sich in mehrere Länder verkaufen oder die zeitlos wertvoll sind, addieren sich die Einnahmen schnell zu erklecklichen Summen.

Im Geschäft mit Fernsehbildern ist das ein revolutionäres Modell: Agenturen wie Reuters oder APTN bezahlen den Kameramann nur einmal und kaufen damit alle Rechte ein.

Zugleich will Amin ein neues Afrikabild schaffen. Wenn Afrikaner über Afrika berichten, so glaubt er, bekommt die Welt ein ausgewogeneres Bild zu Gesicht. "Es gibt diese falsche Vorstellung, dass Zuschauer nur Blut und Gewalt aus Afrika sehen wollen", so Amin. "Ich glaube, in Wirklichkeit sind sie das längst satt." Die positiven Seiten Afrikas will Amin vermitteln und gleichzeitig das Monopol westlicher Berichterstatter knacken. "Bisher bekommen selbst afrikanische Fernsehsender ihre Bilder nur von Reuters, CNN oder BBC - für eigene Teams haben sie schlicht kein Geld." A24 will das ändern und auch afrikanischen Sendern "Geschichten hinter den Geschichten" bieten - made in Africa, made by Africans.

Das klingt gut. Doch in der Wirklichkeit von Quotendruck und Stundenuhren, von Contentflow und Verweildauern, ist Amins Vision auch ein bisschen realitätsfern.

Als im Osten der Demokratischen Republik Kongo Laurent Nkundas Rebellen auf Goma marschierten, kauften die großen Agenturen prompt alle verfügbaren Kameraleute in der Region zu Tagespauschalen ein. Rechtefreies Material, das sie A24 hätten anbieten können, gab es da nicht mehr. Den Selfmadeproduzenten, deren Kapital oft nur aus einer alten Videokamera, ein paar Kassetten und viel Mut besteht, war Cash auf die Hand lieber als die Aussicht auf Rendite in der Zukunft. "Im Nachrichtengeschäft können wir nicht konkurrieren", räumt Amin denn auch ein. Begleitend zur Kongokrise bot A24 lediglich Stücke zu Gorillas und Sport im Kongo an: "Ich sage nicht, dass das viele interessiert", gibt selbst Amin zu.

Dazu kommen technische Hürden: Kassetten werden per Post eingesendet, weil das Internet fast überall in Afrika zu langsam ist für Bildübertragung. Und in Nairobi sitzen sechs Angestellte über teilweise unsendbar verwackeltem Material ohne Schnittbilder und versuchen, einen sendefähigen Film daraus zu machen. Wie wirtschaftlich kann ein solches Vorgehen sein? Amin glaubt: "Die vierzig Prozent garantieren uns einen kleinen Profit." Der Hammer fällt Ende 2009, dann wollen die Investoren Gewinne sehen.

Über konkrete Absatzzahlen schweigt Amin sich aus, doch er räumt ein, dass A24 noch ganz am Anfang steht. Ob die Agentur sich durchsetzen kann, ist fraglich. Fernsehsendern, die sich keinen eigenen Afrikakorrespondenten leisten, reichen bislang dreißig Sekunden Reuters-Schnittbilder. Und auch die Afrikakorrespondentin des US-Sendernetzwerks ABC, Dana Hughes, die im Alleingang filmt, schneidet und textet und so einen ganzen Kontinent abbildet, ist skeptisch: "Der ABC-Mutterkonzern Disney kauft nichts, woran ihm später nicht alle Rechte gehören."

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