Vorwurf der Verbreitung von Rassismus: Deutschlandradio verteidigt Interview

Ein Intelligenzforscher äußert im Deutschlandradio bedenkliche Thesen, die Moderatorin hakt nur handzahm nach. Wissenschaftler sind empört.

Rassistische Theorien? Transkription des Deutschlandradio-Interviews Bild: Screenshot

Anfang Dezember war der Magdeburger Bildungsforscher und Entwicklungspsychologe Heiner Rindermann Interviewgast im Deutschlandradio Kultur (DLR). Eigentlich nichts Besonderes, wären da nicht einige bedenkliche Äußerungen Rindermanns zum Thema "Unterschiede in Intelligenz und Wissen zwischen den Bevölkerungen verschiedener Länder" - und eine eher handzahm nachhakende DLR-Moderatorin. Andere Wissenschaftler fahren gegen Rindermann und den Sender jetzt schwere Geschützte auf: "Universitätsdozent verbreitet unwidersprochen rassistische Theorien im Deutschlandradio", heißt es in einer gestern veröffentlichten Pressemitteilung des Instituts für Ethnologie und Afrikastudien der Universität Mainz.

Der Sender verteidigt indes das Interview. "Es war uns bewusst, dass wir uns hier auf einem sensiblen Terrain bewegen und es Gegenstimmen zu Herrn Rindermann gibt", so der verantwortliche Redakteur Stefan Detjen zur taz. Rindermann und die Moderatorin haben ein sensibles Thema aufgeschlüsselt und seien ja gerade zu dem Schluss gekommen, "dass man nicht feststellen könne, ob Intelligenz der Völker von den Genen abhängt". Im Gespräch sagt Rindermann wörtlich, ob "sich Völker genetisch in der Intelligenz unterscheiden - das wissen wir ja nicht so genau". Er spricht in diesem Zusammenhang auch von "Rassen". Die Tradition solch einer genetischen Intelligenztheorie ist nicht neu. Erst kürzlich erregte der amerikanische Nobelpreisträger James Watson Aufsehen, als er behauptete, dass die Intelligenz unterschiedlicher Ethnien verschieden ausgeprägt sei. Demnach seien bestimmte Völker klüger als andere.

Raija Kramer, eine der Wissenschaftlerinnen des Mainzer Instituts, betont, dass es überhaupt keine Beweise für eine "genotypische Diversität verschiedener Völker" gebe. Besonders aber regt sie sich über den Rassenbegriff auf: "Der Begriff Rasse stammt aus einer überkommenen Theorie vom Beginn des 20. Jahrhunderts." Es sei "abenteuerlich, dass ein seriöser öffentlich-rechtlicher Radiosender und ein habilitierter Wissenschaftler mit solch überkommenen Begrifflichkeiten jonglieren".

Beim DLR hat man immerhin nachgebessert: Im Internet wurde der zunächst verwendete Interview-Titel "Es gibt genetische Unterschiede zwischen den Rassen" zur Frage "Gibt es Unterschiede in Intelligenz und Wissen zwischen den Bevölkerungen verschiedener Länder?" abgmildert. Man will nun weitere Wissenschaftler zum Thema zu Wort kommen lassen.

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