Journalistin in Gefahr: Die giftigen Fische des Rio Titihuape

Weil sie herausbekam, wer einen Fluss in El Salvador verschmutzt hatte, droht der Journalistin Isabel Gámez der Tod. Jetzt lebt sie im Exil in Hamburg.

Isabel Gámez in ihrer Hamburger Wohnung. Bild: knut henkel

Isabel Gámez trat einem mächtigen Konzern auf die Füße und lebt heute im Exil. Mit 13 Jahren machte sie zum ersten Mal bei einem kommunalen Radio in El Salvador mit. Heute wohnt die 27-jährige in Hamburg, denn in ihrer Heimat war sie nicht mehr sicher.

Es begann im Herbst 2009. Erst wurde dem Sender die Antenne geklaut, dann gingen Drohanrufe ein und dann wurde auf Isabal Gámez im Dezember 2009 ein erster Mordanschlag verübt. Der scheiterte, aber nachdem wenig später Unbekannte gleich mehrfach am Wohnhaus der Reporterin gesichtet wurden, empfahl ihr die Polizei den Wohnort zu wechseln.

Das hat Isabal Gámez mittlerweile getan. Sie ist mit einem Stipendium der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte nach Deutschland gekommen, um erst einmal Luft zu holen und sich vom Alltag der Angst zu erholen.

Die Journalistin hat gemeinsam mit ihren Mitstreitern aus dem einst improvisierten Sender in der kleinen Stadt Victoria, die im Norden El Salvadors an der Grenze zu Honduras liegt, eine kommunale Radiostation aufgebaut. "Wir berichten darüber, was die Leute im Departamento Cabañas bewegt, lassen sie zu Wort kommen und erklären, welche Bedeutung politische Entscheidungen auf lokaler Ebene haben", erläutert die Reporterin den Ansatz des Senders.

Der gehört zu einem Netz von sechzehn kommunalen Radios, die sich mit Themen beschäftigen, die bei den kommerziellen Anbietern kaum Berücksichtigung finden. Ein alternatives Netzwerk, das es so in den Nachbarländern Honduras, Guatemala oder Nicaragua nicht gibt. Viele der kommunalen Radios teilen sich mit 92,1 eine Frequenz, sind aber nicht landesweit, sondern nur lokal zu empfangen. "Fragmentierung der Frequenz nennen wir das", so Isabal Gámez. Für Radio Victoria hat sie über Frauenrechte und die überproportional hohe Zahl von Frauenmorden in dem mittelamerikanischen Land berichtet.

Dafür war sie immer wieder in den Dörfern des Verwaltungsbezirks unterwegs. Rund 150.000 Menschen leben in der bergigen Region. 2002 war es, da hörte die kleingewachsene Frau mit dem hochgesteckten pechschwarzen Haarschopf zum ersten Mal von dem Thema, welches ihr Leben radikal verändern sollte - Pläne für neue Bergbauprojekte.

"Das war im kommerziellen Radio und dort erwähnten sie das Departamento Cabañas, in dem auch Victoria liegt, und noch drei weitere Verwaltungsbezirke." Zwei Jahre später wurden die Reporter von Radio Victoria in den Ort San Isidro gerufen, weil die Fische im Rio Titihuape starben. "Wir bekamen heraus, dass mehrere Menschen erkrankt waren, nachdem sie Fische aus dem Fluss gegessen hatten, und damit begann alles."

Peu á peu bekamen die kommunalen Reporter heraus, dass der kanadische Minenkonzern Pacific Rim Probebohrungen in der Region durchführte und dabei Schwermetalle freigesetzt wurden, die für das Fischsterben verantwortlich waren.

Das war der Beginn des Widerstands gegen die Ansiedlung des Bergbaukonzerns, der in der Region eine Million Unzen Gold im offenen Tagebau fördern will. Dabei spielen die kommunalen Radios eine entscheidende Rolle, denn sie informierten und mobilisierten letztlich die Bevölkerung in der Region. Es entstand ein Bündnis gegen den Bergbau, welches 2009 auch vom Präsidentschaftskandidaten Mauricio Funes unterstützt wurde. Im selben Jahr begannen die Angriffe.

Ob sie zurückkehren wird, weiß Isabel Gámez noch nicht. Weiterarbeiten für Radio Victoria will sie in jedem Fall.

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