Verlags-Betriebsrätin droht Kündigung: Ein Bauernopfer

Seit 2004 wird die Betriebsrätin des Bauer-Konzerns und Hamburger Linke-Abgeordnete Kersten Artus drangsaliert. Jetzt droht ihr die Kündigung.

"Ich möchte nicht wissen, was hier alles an Tabletten, auch an Aufputschmittel, geschluckt wird": Bauer-Verlag. Bild: dpa

Sie ist doppelt gegen Kündigungen geschützt und doch versucht der Heinrich-Bauer-Verlag, sie loszuwerden: Kersten Artus ist Chefin des Konzernbetriebsrats der zum Bauer-Geflecht gehörenden Yvonne Bauer Redaktions KG. Und außerdem Abgeordnete der Linken in der Hamburgischen Bürgerschaft. Aus beiden Mandaten darf ihr keinen Nachteil entstehen. Doch auf 150 Seiten hat Bauer nun aufgeführt, warum Artus außerordentlich und fristlos gekündigt werden soll. Kurzfassung: Sie verweigere beharrlich die Arbeit und habe sich für eine Vorstandssitzung der Gewerkschaft Ver.di nicht korrekt beurlauben lassen.

Der Verlag mit über 200 Zeitschriften hat die Bauer-Familie zu einer der reichsten in Hamburg gemacht. Zum Programm gehören Erotik-Titel mit hohem Schmuddel-Image wie Coupé, Klatschblätter wie Das Neue Blatt und Fernseh-Programmzeitschriften wie TV Hören und Sehen - oder die Fernsehwoche, bei der Artus angestellt ist.

Insgesamt arbeiten bei Bauer weit über 2.000 Menschen, doch auch die Unterkonzerne sind in viele kleine Einzelunternehmen aufgeteilt. Die Folge: Keine der Tochtergesellschaften hat mehr als 200 Mitarbeiter - und damit keine freigestellten Betriebsräte. Artus muss sich also bei jedem Einsatz als Betriebsrätin oder für die Gewerkschaft abmelden - bei der Fernsehwoche ist sie schon seit fünf Jahren nicht mehr in die Produktion eingeplant.

Die Pressestelle des Bauer-Verlags äußert sich grundsätzlich nicht zu "personellen Einzelmaßnahmen". Doch die Kündigung ist der Höhepunkt der Auseinandersetzung zwischen Geschäftsführung und Artus. Seit 2004 ist sie Konzernbetriebsratschefin. Seitdem, sagt sie, gebe es Ärger: "Die Jahre vorher war das völlig entspannt, es gab jedenfalls nicht so einen Druck" - obwohl sie sich schon seit 1984 als Betriebsrätin engagiert. Doch seit sie der Kopf der Arbeitnehmervertreter im Betrieb ist, bekommt sie immer wieder Abmahnungen mit Kündigungsdrohungen, weil sie sich angeblich falsch zur Betriebsratsarbeit an- oder abgemeldet haben soll, Gehaltskürzungen inklusive. "Das war bei meinen Vorgängern noch nicht so, die hatten nur normalen Ärger", sagt Artus. Zwischenzeitlich verlangte der Verlag, dass sie sich bei fünf verschiedenen Adressen abmeldet.

Artus wehrte sich vor Gericht - wegen Behinderung ihrer Abgeordnetentätigkeit. Denn auch dafür muss sie sich abmelden. Mittlerweile hat man sich verglichen: Artus muss nur noch ihre Vorgesetzte und deren Sekretärin benachrichtigen. Außerdem läuft noch eine presserechtliche Auseinandersetzung zwischen Verlag und Betriebsrätin: Artus hatte sich im DJV-Blatt Journalist zu Outsourcing und Leistungsdruck bei den Blättern der Yvonne Bauer KG geäußert: "Ich möchte nicht wissen, was hier alles an Tabletten, auch an Aufputschmittel, geschluckt wird", hatte sie damals gesagt. Dagegen geht der Verlag vor.

Was die jetzt als ein Grund für die fristlose Kündigung angeführte Ver.di-Sitzung angeht, ist sich Artus sicher, dass ihr Urlaub hierfür nicht genehmigungspflichtig war. Sie verweist auf den Tarifvertrag für Zeitschriftenredakteure, der vorsehe, dass Arbeitnehmern Freizeit für gewerkschaftliches Engagement gewährt werde.

Die Empörung bei Hamburger Linksfraktion und den Gewerkschaften DJV und Ver.di über das Vorgehen Bauers im Fall Artus ist groß. "Die Kündigungsgründe sind vorgeschoben", sagt Ver.di-Landesbezirksleiter Wolfgang Rose. Bauer wolle sich mit dieser Methode einer unliebsamen und aktiven Betriebrätin entledigen. Auch der DJV fordert eine Rücknahme der Kündigung und fürchtet, dass auch andere Betriebsräte bei Bauer durch dieses Vorgehen massiv eingeschüchtert werden sollen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.