"Mein Leben - Matthias Döpfner": Ganz großes Ranwanzen

Die Öffentlich-Rechtlichen tun sich schwer mit Porträts anderer Medienfürsten. Dass es immer noch schlimmer geht, beweist "Mein Leben - Matthias Döpfner".

Überragt alles: Mathias Döpfner mit Verlagserbin Friede Springer und Aufsichtsrat Giuseppe Vita. Bild: dpa

"Der Mann hier im lässigen Aufzug könnte ein aufsässiger Rapper sein, ein notorischer Tagedieb. - Doch nichts davon. Er ist ein schwer arbeitender Manager. Und mit 44 Jahren eine maßgebende Figur der deutschen Medien. Mathias Döpfners Aufstieg vom Musikkritiker zum Vorstandsvorsitzenden des Axel Springer Verlags ist einmalig - und so brillant wie große Oper."

Nein, dies ist nicht der Off-Text zu einem offiziellen Springer-Vorstands-Clip auf welt.de. Diese Worte, zu denen wir den schlaksigen Zwei-Meter-Mann Döpfner in Jeans und Pulli durchs Potsdamer Unterholz schlendern sehen, eröffnen eine Dokumentation des öffentlich-rechtlichen ZDF, die am Sonntag zunächst mal Arte zeigen musste.

Auch in den folgenden 45 Minuten kommt nur einer zu Wort: Mathias Döpfner, Großmeister. Der - unbestritten - Springer zu einem der profitabelsten deutschen Medienkonzerne gemacht hat. Der überhaupt alles richtig macht, dass es einem nicht schon fast, sondern richtig wehtut und man dankbar ist für jedes bisschen Selbstironie, das hier und da in Döpfners Stanzen aufblitzt.

Kritische Fragen, das macht der Film gleich klar, sind nicht vorgesehen: Da wird zu Döpfners Werdegang zwar der begnadete Musikkritiker der FAZ gefeiert, doch danach ist nur verschämt von "Stationen" des Meisters bei Blättern des Verlags Gruner + Jahr die Rede - kein Wunder: Bei der Wochenpost und der Hamburger Morgenpost fehlte dem Noch-nicht-Springer-Mann das glückliche Händchen.

Allein: Dies liegt nicht an Döpfner oder Springer. Sondern allein am ZDF bezeihungsweise an Filmautor Felix Schmidt. "Er führte den einst einseitig rechten Springer Verlag in die politische Mitte, dorthin, wo die Vernunft und die aufgeklärten Konservativen zu Hause sind", salbadert Schmidt. Man könnte meinen, der Mann heische da untertänigst um einen Job bei Springer, doch in Wahrheit ists mal wieder andersrum: Schmidt war schon längst dort, mal bei der Welt, dann sogar Chefredakteur der Welt am Sonntag und irgendwann Chef bei Hörzu. In der Logik der Öffentlich-Rechtlichen macht das jemand wohl zum Experten, der den besonderen Zugang hat. Es ist zum Verzweifeln!

Dass dazu das Machwerk auch journalistisch eher untere Kajüte ist, verwundert da wenig: Da werden protestierende Gewerkschafter bei der Hauptversammlung vor dem Springer-Hochaus gezeigt und der Film insinuiert ideologische Verbohrtheiten, ohne dass man erfährt, dass es in Wahrheit um Stellen und Honorare ging. Die geplatzte Übernahme von ProSiebenSat.1 kommt nicht vor. Und zum Schluss raunt es: "Als Döpfner Mitte November 2007 unsere Filmszene verlässt, weiß er noch nicht, dass er der schwersten Niederlage seiner Karriere, einer gescheiterten Großinvestition, entgegengeht." - Dass es hier bei der Pleite namens PIN AG um Abschreibungen in Millionenhöhe geht, muss ja keiner wissen.

Dazwischen kann man Döpfner beim Springer-Chefredakteursmeeting in der Toskana bewundern und wie er in einem Lokal seinen Lieblingswein findet: "Das ist Führungsstärke", frozzelt da Bild-Chef Kai Diekmann, ansonsten ist nur das zarte Stimmchen von Ex-Tagesspiegel-Ikone Hellmuth Karasek zu hören - der Rest ist Döpfner.

"Pazifierungsversuche" nennen sie das bei den Sendern, und die meisten sind nicht glücklich darüber: Wenn Döpfner für den NDR Filme über seinen alten Freund Lord Weidenfeld dreht (auch dies in Schmidts Porträt zu besichtigen), das ZDF Springers "Goldene Kamera" übertragt und die ARD mit Burdas "Bambi" dagegenhält, schwingt auch immer ein bisschen die Hoffnung mit, Bild & Co. mögen sich mit ihren Kampagnen gegen die ungeliebten Öffentlich-Rechtlichen ein wenig zurückhalten. "ARD und ZDF machen hier Deals, die nicht akzeptabel sind", sagt der Medienexperte Siegfried Weischenberg: Zur teilweise besten Sendezeit würden so "Festprogramme von Verlegern" gesendet und Werbung für deren Unternehmen gemacht - "mit teilweise dubiosen Konsequenzen", so Weischenberg mit Verweis auf die bizarre Tom-Cruise-Laudatio von FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher beim jüngsten "Bambi". ARD und ZDF hätten sich hier offenbar "der Bedingung gefügt, keinen inhaltlichen Einfluss mehr" zu haben: "Wenn das so abgeht, braucht Springer ja auch gar keinen eigenen Privatsender mehr." Für Weischenberg liegt der Grund für derlei Vetternwirtschaft in der "Versippung der Medieneliten: Man kennt sich einfach sehr gut". Nur was die Vorstellung angeht, man bekäme dafür im Gegenzug Bild & Co. an die Leine gelegt, ist sich der Medienprofessor nicht so sicher: "Ich halte das für naiv. Warten wirs ab."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.