ZDF-Chefredakteur über Reformen: "Ich erwarte Respekt"

Peter Frey hat eine Programmreform im Zweiten angestoßen. Mit "ZDFzoom", sagt der Chefredakteur, möchte er die filmische Doku als Königsdisziplin des TV stärken.

Er macht Programm: Peter Frey. Bild: dpa

taz: Herr Frey, wie viele Feinde haben Sie sich durch die aktuelle Programmreform gemacht, mit der etwa die Abschaffung des Magazins "ZDF.reporter" verbunden war?

Peter Frey: Von Feindschaft spüre ich nichts, was sicherlich auch damit zu tun hat, dass sich das Haus insgesamt große Mühe gegeben hat, die Entscheidungen kollegial und transparent zu kommunizieren. Alle wissen, dass wir etwas aufgeben müssen, um etwas Neues möglich zu machen. Ich habe auch von meinem ersten Tag an klar darüber Auskunft gegeben, wie ich welche Programme sehe. Mein Ziel ist es, dass Entscheidungen nachvollzogen werden können, dass sie gut begründet sind. Und Respekt ist mir wichtig. Die Leute müssen spüren, dass ich ihre Arbeit respektiere. Wir haben viele hervorragende Fachleute im ZDF, von denen ich allerdings auch Respekt erwarte für meine Arbeit und meine Entscheidungen.

Was wollen Sie mit der Programmreform?

Ich für meinen Bereich will das journalistische Profil des ZDF schärfen: mit dem "auslandsjournal", das einen sichtbareren Sendeplatz bekommen hat, nicht mehr um 22.45 Uhr am Mittwochabend, sondern schon um 22.15 Uhr, gleich nach dem "heute-journal". Da erhoffe ich mir einen besseren Übergang. Im Zusammenhang mit dem neuen Dokumentationsformat "ZDFzoom" ist das ein publizistisches Statement.

Welche Rolle spielt "ZDFzoom" in der Neuaufstellung?

Wir wollen die filmische Dokumentation in 30 oder 45 Minuten als eine der Königsdisziplinen des Fernsehjournalismus überhaupt wieder stärken. "ZDFzoom" soll aufklären, ganz dicht an Probleme unserer Gesellschaft herangehen, und das nicht mehr um 0.30 Uhr, sondern zur zweiten Primetime.

Dem Aktualitätsanspruch trägt das neue Dokuformat "ZDFzoom" gleich bei seiner Premiere (22.45 Uhr) Rechnung. Statt eines Films über Kündigungstricks läuft "Geheimoperation Geronimo" über "die Rätsel um den Tod von Osama bin Laden".

Ein handelnder Autor steht nicht im Mittelpunkt, soll aber das Thema dem Zuschauer näher bringen. Leitfrage: "Was hat das mit mir zu tun?" Wiedererkennbar will man auch durch in den Film integrierte 3-D-Grafiken sein.

Internationale Koproduktionen sind möglich, zusammenarbeiten wird "ZDFzoom" auch mit dem Politmagazin "Frontal21".

Zur Aufwertung des Infokanals laufen die meisten Filme dort schon Dienstagabend vorab.

Von den 13 "ZDFzoom"-Redakteuren stammen acht vom eingestellten Magazin "ZDF.reporter".

geboren am 4. August 1957. Studium in Mainz, währenddessen Moderator für den Südwestfunk, Autor u. a. für die Zeit. Seit 1983 Redakteur beim ZDF, ab April 2010 Chefredakteur.

Sie positionieren sich damit gegen die Talkschwemme im Ersten. Warum?

Fünf Talkshows die Woche sind definitiv ein Überangebot. Wir setzen auf ein anderes Konzept: auf nur eine Talkshow im Abendprogramm mit "maybrit illner" und die beschriebenen Stärkungen des journalistischen Profils, mit denen wir den großen Erklärnotwendigkeiten in unserer Gesellschaft Rechnung tragen. Hinzu kommt im nächsten Jahr noch das eher dem Überblick verpflichtete Format "ZDFzeit".

Welche Rolle spielt hier die Verjüngung der Zuschauer?

Ich würde gern mit dem Mythos des Begriffs "verjüngen" ein bisschen aufräumen. Verjüngen klingt nach jung und jung klingt nach unter 20. Das wäre ein sehr unrealistisches Ziel. Was uns gelingen muss, ist, mehr die Generation der Um-die-40-Jährigen zu erreichen, die Generation, die heute die Gesellschaft trägt. Das kann nicht mehr nur klassisch mit dem einen Hauptprogramm gelingen, sondern dafür müssen wir die anderen Plattformen, unsere Digitalkanäle und Internetangebote wie heute.de und zdf.de, mit einbinden, wo der Zuschauer bzw. Nutzer schon heute deutlich jünger ist als im Hauptprogramm.

Sind die 20-Jährigen fürs Fernsehen verloren?

Der "jüngste" Fernsehsender ist ProSieben mit einem Durchschnittsalter der Zuschauer von 35 Jahren. Fernsehen ist also per se kein wirklich junges Medium. Ich habe eine 22-jährige Tochter, die, als sie zum Studieren von zu Hause ausgezogen ist, gar keinen Fernseher mehr mitgenommen hat. Die versorgt sich mit TV-Content über ihren Laptop, über alle möglichen Portale.

Ihr Start als ZDF-Chefredakteur war überschattet von den Querelen um die Vertragsverlägerung Ihres Vorgängers. Wie viele Versuche der Politik, Einfluss zu nehmen, haben Sie in Ihrem ersten Jahr abwehren müssen?

Von ein paar SMS abgesehen, gab es diese Versuche nicht. Auch an dieser Stelle spielt Respekt eine Rolle, Respekt, den man sich verschafft. Es gab Auseinandersetzungen um "Frontal 21" …

die Unionsvertreter im ZDF-Fernsehrat monierten eine tendenziöse Bildsprache und Berichterstattung …

… beim Thema Kernenergie - bei dem es heute wahrscheinlich nicht mehr zu so einer Kontroverse käme. Im Grundsatz sage ich: Ich respektiere selbstverständlich die Notwendigkeit von Kontrollgremien. Auch wir beim Fernsehen machen Fehler. Aber Kritik muss fair und nicht parteipolitisch motiviert sein.

Freuen Sie sich auf die Champions League, die ab 2012 im ZDF zu sehen sein wird?

Absolut, ich als spätberufener Fußballfan freue mich darauf, dass wir die Liga zeigen werden, die das neue europäische Lebensgefühl wie kaum etwas anderes repräsentiert.

Die Mittwochsspiele kollidieren dann aber mit "auslandsjournal" und "ZDFzoom", die 44 Mal im Jahr laufen sollen. Mit wie vielen Sendeterminen rechnen Sie dann?

30 plus. Je eines der beiden Formate wird im Anschluss an die Champions League laufen.

Wer wird sich durchsetzen?

Derjenige, der um 23 Uhr sendet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.