Gericht kippt Fluchverbot im US-Fernsehen: It's about f***ing time!

Ein New Yorker Gericht kassiert die 2003 unter der Bush-Regierung verschärften Auflagen für Anstand im Rundfunk. Sie stünden gegen das in der Verfassung garantierte Rechte auf freie Rede.

Auch "Nippelgate" war Ausgangspunkt der Verschärfungen. Bild: dpa

Das Ende des "Bleeps" im amerikanischen Fernsehen ist nah: Der US-Court of Appeals in New York hat jetzt die besonderen Anstandsregeln der Rundfunkbehörde Federal Communications Commission (FCC) kassiert, die zwischen 6 und 22 Uhr Fluchen, den Gebrauch von Schimpfworten und unanständig-sexuellen Ausdrücken in Radio und Fernsehen untersagte.

Der Bann verstoße gegen den im ersten Verfassungszusatz festgeschriebenen Grundsatz der freien Rede und Meinungsäußerung, so das Gericht. Damit dürfte die Praxis, "böse" Worte mit einem Piepton ("Bleep") zu überlagern und für Zuschauer- bzw. HörerInnen unverständlich zu machen, wohl bald der Vergangenheit an.

Die FCC waren 2003 in der Regierungszeit von Präsident George W. Bush verschärft worden - jede sexuelle Anspielung galt seitdem als unsittlich, die Erwähnung von Pippi und so erst recht. Für die Sender wurden Summen von bis zu 325.000 Dollar (umgerechnet 253.000 Euro) pro beanstandetem vorfall fällig.

Das rechtskonservative Fox-Network von Rupert Murdoch hatte gegen die FCC-Regeln seit mehreren Jahren prozessiert. Ausgangspunkt für die Verschärfung war ein so genanntes "F-word expletive" von U2-Frontmann Bono bei der Live-Übertragung der Golden Globe Awards im Jahr 2003. Für Aufregung sorgte auch Janet Jacksons "Nippelgate" bei der Super Bowl ein Jahr später, bei der ihre linke gepiercte Brust während der Halbzeitpause für Sekundenbruchteile - nach US-Angeben genau neun Sechzehntel einer Sekunde - sichtbar war. Im weichgespülten Sprachgebrauch des US-Rundfunks wurde daraus eine wardrobe malfunction, also ein technisches Garderobe-Versagen. Und die FCC wollte zunächst satte 550.000 Dollar Strafe vom übertragenden Sender CBS, unterlag aber nach vierjährigem Prozess 2008 vor Gericht.

"Die Regularien der FCC verletzten den Ersten Verfassungszusatz, da sie zu vage formuliert sind", urteilte jetzt das Gericht. Dies führe zu einer derart abschreckenden Wirkung bei den Sendern, die in keinem Verhältnis zu den fraglichen Ausdrücken und ihren Folgen stünden. Allerdings wird erwartet, dass die FCC den Supreme Court, das US-Verfassungsgericht, anruft, um das Urteil prüfen zu lassen. Entscheidend wird auch sein, ob die US-Regierung unter Präsident Barack Obama sich auf einen weiteren Nebenkriegsschauplatz mit ihren konservativen Kritikern einlässt.

US-Kinderschützer und Familienaktivisten kritisierten das Urteil: "Für Eltern und Familien ist die Entscheidung ein Schlag ins Gesicht", sagte Tim Winter vom Parents Television Council dem Daily Telegraph aus London.

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