Umbau bei Nachrichtenagenturen: Leiser Abschied von ddp

Neustart im Kampf gegen den Marktführer dpa: Die Agenturen ddp und das frühere AP-Deutschland sollen fusionieren. Damit geht Vielfalt verloren - und eine echte Marke.

Bei der Übernahme von AP-Deutschland hatten sie Ende 2009 gut lachen: ddp-Eigentümer Martin Vorderwülbecke und Peter Löw (v.l.). Bild: ap

BERLIN taz | In der Reinhardtstraße 52 herrscht Hochbetrieb. Vis-à-vis der Bundespressekonferenz plant der langjährige dpa-Mann Cord Dreyer den Angriff auf seinen ehemaligen Arbeitgeber, die Deutsche Presse Agentur. Dreher ist heute in Personalunion Chefredakteur und Geschäftsführer beim Deutschem Depeschendienst (ddp) und beim aus dem deutschen Ableger der US-Agentur Associated Press (AP) hervorgegangenen Deutschen Auslands-Depeschendienst (DAPD). Nun soll Dreyer nach dem Wunsch der Eigentümer von ddp/DAPD, Martin Vorderwülbecke und Peter Löw, den bislang unangefochtenen Marktführer dpa "verzichtbar" machen.

Klar ist nun: Die bisherigen Beteuerungen, ddp und DAPD getrennt weiter zu betreiben, sind vom Tisch. Ab August wird nach taz-Informationen nur noch ein einheitliches Meldungsangebot der dpa Konkurrenz machen. Überraschend ist dabei, wer dabei auf der Strecke bleibt: Dreyer plant nämlich, die etablierte Marke ddp zu killen - knapp vor dem 40. Geburtstag im nächsten Jahr.

Vergangene Woche informierte er die Betriebsräte von ddp und DAPD sowie die Leitungsebenen über sein schon lange angekündigtes Konzept. Sinn macht dieser Schritt nur, wenn man sich die Geschichte des 1971 gegründeten Deutschen Depeschendienstes anschaut: Sie glich einer Achterbahnfahrt, mehrere Pleiten inklusive.

Die 2009 von Vorderwülbecke und Löw übernommene Agentur hatte es zwar zuletzt geschafft, sich aus einer anbahnenden erneuten Insolvenz wieder in die Gewinnzone zu kämpfen - was vor allem ein Verdienst der Redakteure ist, die dafür bis heute unter massiver finanzieller Entbehrung werkeln. Aber ddp stand bei den Kunden auch viel zu lange für ein löchriges, oft wenig verlässliches Angebot. Ein Manko im Wettstreit der News-Lieferanten, bei denen Zuverlässigkeit das wesentlichste Verkaufsargument ist. Nun soll das Viererkürzel des Dank der AP-Herkunft besser beleumundeten DAPD das Problem lösen - dann klein geschrieben als dapd.

Dreyer will die Pläne am 29. Juni seinen Leuten präsentieren. Für den folgenden Tag hat er die Presse geladen. Der Doppel-Chef will ihnen erklären, dass er neben der Fusion seiner bislang noch streng konkurrierenden Dienste eine Redaktion für Investigatives aufbaut, die "Korrespondenz und Recherche" heißen wird: Gut eine Hand voll Mitarbeiter sollen - vom Termingeschäft befreit - Exklusives ranschaffen. Die neue Vorzeige-Abteilung sollen Olaf Jahn (ddp) und Thomas Rietig (DAPD) leiten, außerdem hat Dreyer bereits zwei Exmitarbeiter von ARD-Politmagazinen gewonnen. Zusammenlegen will Dreyer auch alle bislang getrennten Ressorts von ddp und DAPD, geplant sind jeweils Doppelspitzen. So sollen Befehle an die weiterhin getrennt geführten Belegschaften delegiert werden können.

Kulturschock überwinden

Das soll auch dabei helfen, zwei Häuser mit einander zu verzahnen, die aus völlig unterschiedlichen Kulturen stammen: Hier die AP-Journalisten mit gelegentlich elitärem Gehabe, dort die ddp-Reporter, die sich vielfach unter Wert verkauft haben.

Von Kündigungen ist bisher nicht die Rede. Wo Doppelarbeit verschwindet, weil Abteilungen fusionieren, soll Raum für mehr Recherche entstehen.

Auch bei den meisten Inlandsbüros - ddp bietet keine Auslandsnachrichten an - werde so verfahren, heißt es. Nur in Hamburg, München, Düsseldorf und Stuttgart sollen die DAPD-Redaktionen zu reinen Wirtschaftskorrespondentenbüros mutieren. Setzt Dreyer diese Ankündigungen konsequent um, könnte hier durchaus eine Gefahr für die dpa heranwachsen.

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