Der neue Sat.1-Anchorman Peter Limbourg: "Mittelfristig geht da was"

Neuer Sendeplatz, neues Gesicht: Peter Limbourg moderiert die Sat.1-Nachrichten - um 20 Uhr anstatt um 18.30. Und will damit der Tagesschau ordentlich Konkurrenz machen.

"Nicht hammerstark" bei der Zielgruppe: Limbourg will der "Tagesschau" Konkurrenz machen. Bild: dpa

taz: Herr Limbourg, Sie moderieren von heute an die "Sat.1-Nachrichten" um 20 Uhr. Was machen Sie anders als die - nennen wir sie - anderen?

Limbourg: Wir erfinden das Fernsehen nicht neu. Wir maßen uns auch nicht an, zu behaupten, wir würden sensationell neue Dinge präsentieren. Sondern wir versuchen, eine möglichst umfassende, verständliche, für den Zuschauer nutzbare Nachrichtensendung zu machen. Aber wir werden dabei, wenn Sie uns mit einem Format wie der "Tagesschau" vergleichen, natürlich anders sein. Dort gibt es Sprecher - wir haben einen Moderator, also jemanden, der sich selbst die Texte schreibt, der die Verantwortung trägt für das, was er da macht, und die Inhalte einordnet. Das ist ein deutlicher Unterschied.

Also eher "Tagesthemen" als "Tagesschau"?

Ich scheue mich vor solchen Vergleichen - aber das stimmt. Wir werden allerdings andere Längen haben. Ich kann schlecht ein "Tagesthemen"-Format um 20 Uhr senden. Die 20-Uhr-Nachrichten schaut man an, bevor man sich in die Unterhaltung verabschiedet oder was auch immer man nach 20.15 Uhr tut.

Ist es geschickt, die Nachrichten von 18.30 Uhr auf 20 Uhr zu verlegen? Das ist die direkte Konkurrenz zur "Tagesschau".

Ja, es ist nach Umfragen der Lieblingsplatz der Deutschen.

Wegen der "Tagesschau".

Nein. In einer Umfrage nach dem besten Nachrichtenplatz haben 60 Prozent gesagt: 20 Uhr. Die Leute erwarten Nachrichten um die Zeit.

Wegen der "Tagesschau".

Die "Tagesschau" hat bei den unter 50-Jährigen unter der Woche knapp 10 Prozent Marktanteil. Insofern sind die in diesem Publikumssegment jetzt nicht hammerstark. Ich habe schon das Gefühl, dass da mittelfristig was geht. Aber jetzt wollen wir erst mal starten, bevor wir uns diesem Quotenrennen hingeben.

Sie haben also schon die 14- bis 49-Jährigen im Blick?

Ja, klar. Ich persönlich begrüße jeden Zuschauer, egal, wie alt er ist. Ich hoffe auch, dass mein Vater, der ist 93, jetzt auch bei uns guckt. Aber wir machen Privatfernsehen, und abgerechnet wird da bei den 14- bis 49-Jährigen, so ist das eben, auch wenn ich mich auf den Kopf stelle. Ich würde ja auch nicht den Euro anzweifeln nach dem Motto: Das ist jetzt nicht so meine Währung.

Wie erreicht man 14- bis 49-Jährige?

Verständlichkeit, Verständlichkeit, Verständlichkeit. Man muss Nachrichten verständlich machen, ohne das Niveau abzusenken. Das ist das A und O. Und dabei glaubwürdig bleiben. Wir sind nicht die "Nachrichtensendung mit der Maus". Wir müssen die Zuschauer ernst nehmen und dabei verständlich bleiben. Und es ist auch nicht schlimm, wenn man gelegentlich mal einen Schuss Unterhaltung reinbringt.

Also unterscheiden Sie sich auch durch die Themenwahl?

Ja, aber auch ein 33-Jähriger will nicht nur Handys, schnelle Autos und Kriminalfälle sehen.

Vorletzte Woche, an einem Tag, an dem im Gazastreifen die Gewalt eskalierte und in den USA entscheidende Vorwahlen anstanden, begannen die "Tagesthemen" mit einem langen Beitrag über ein schlingerndes Flugzeug im Hamburger Sturm. Hätten Sie das auch gemacht?

Hmm. Ich glaube, ja. Sie haben die Information einer Fast-Katastrophe, Sie haben starke Emotionen, Sie haben die Bilder. Sie müssen sehen: Nachrichten spielen sich ja nicht nur im Kopf ab. Man muss auf die Emotion der Leute Rücksicht nehmen. Wahrscheinlich hätten Puristen gesagt: Da ist doch nichts passiert - da ist ein Flugzeug nochmal durchgestartet, und das wars. Aber Sie können das auch journalistisch anders sehen.

Sie sind also kein Purist?

Wir machen Fernsehen. Fernsehen hat grundsätzlich mit Emotion zu tun. Wir lesen nicht den Nachrichtenticker vor. An dem Tag war das die stärkste Geschichte. Dieses Bild vom schlingernden Flugzeug wird man nicht so schnell vergessen.

Im Juli endete die so genannte Info-Offensive von Sat.1, als News-Formate aus dem Programm genommen und viele Mitarbeiter entlassen wurden. Ihr Vorgänger als News-Anchor, Thomas Kausch, verließ den Sender.

Natürlich tut es einem immer leid, wenn Kollegen ihren Job verlieren. Aber da sind nicht nachgefragte Nachtnachrichten aus dem Programm genommen worden und zwei Boulevardformate. Hätte man das so kommuniziert, hätte das Feuilleton vielleicht gejubelt.

Sind Sie nun Teil der zweiten Info-Offensive?

Ich halte von solchen Worten nichts, man muss raus aus diesen militärischen Kategorien. Wir starten keine Offensiven, wir bieten Information. Wir versuchen, den Vorabend neu zu strukturieren und einen besseren audience flow zu erreichen - also dass die Zuschauer von einem Programm zum anderen mitgehen.

Warum sind Sie eigentlich nicht 2004, als Thomas Kausch vom ZDF geholt wurde, gleich Sat.1-News-Anchor geworden - Sie waren schließlich auch damals schon Chefredakteur beim Schwestersender N24?

Mich hat halt keiner gefragt. Es ist auch kein Lebenstraum von mir, Anchor zu werden. Ich habe den Job, den ich bisher machte, gerne gemacht. Jetzt bin ich aber gefragt worden - und es ist ein sehr reizvoller Job.

INTERVIEW: KLAUS RAAB

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.