Sportkoordinator Axel Balkausky: Neuer Anlauf für ARD-Sport

Axel Balkausky (47) wird nun voll und ganz Sportkoordinator der ARD. Und die hats bitter nötig. Eine Übersicht der größten Baustellen - vom Funktionärsgetätschel bis zum ewigen Reizthema Doping.

Es gibt viel zu tun, für Balkausky und den Rest der ARD. Bild: ndr/marcus krüger

Vom November an wird sich der Bremer Axel Balkausky (47) hauptamtlich um den Sport in der ARD kümmern. Das wird auch Zeit: Seit dem Desaster um den ehemaligen Sportkoordinator der Sendergemeinschaft, Hagen Boßdorf, der sich unter anderem zu gut mit der teils kriminellen Radsportszene stellte, war die Sportkoordination in der ARD ein Nebengeschäft, einst von Programmdirektor Günter Struve, derzeit noch von Balkausky, der noch bis November NDR-Sportchef bleibt. Der neue Stellenwert, den die ARD mit der Personalie dem Sport verpasst, ist wichtig. Es gibt viel zu tun, für Balkausky und den Rest der ARD:

Kein Duzen. Nehmen wir Waldi Hartmann, die Duzmaschine der ARD: Als der WDR vor gut einem Jahr als erste Anstalt das einzig Vernünftige tat und in einer "Selbstverpflichtung der WDR Sportredaktionen" festhielt: "Die Konversationsform zwischen Berichterstattern und Interviewtem ist (…)grundsätzlich das Sie", pfiff die stets gutgelaunte Nervensäge auf die neuen Statuten. In der BamS sagte er großspurig: "Ich lasse mir das Duzen nicht verbieten." Was die ARD braucht, ist kein solcher Chef-Duzer, sondern eine flächendeckende Selbstverpflichtung, die journalistische Irrläufer stoppt.

Mehr Konsequenz. Der ARD fehlt der Mut, Ausstiegszenarios zu setzen und vor allem durchzuziehen, wenn sie oder die Zuschauer beschissen werden. Oder ist je auch nur über einen Sendeschluss beim Biathlon nachgedacht worden, obwohl mit drei Russinnen im Februar gleich mehrere Top-Platzierte des Weltklassements der illegalen Steigerung ihrer Leistungen überführt wurden, die österreichische Szene überdies erneut aufgeflogen ist und seit mehr als einer Woche auch noch amtierende deutsche Trainer mit zunehmender Indizienlast verdächtigt werden, Teil des DDR-Dopingsystems gewesen zu sein? Respektabel wäre, wenn sich statt der kaufmännischen Logik, die in diesem Fall den hohen einstelligen Millionenbetrag für die Senderechte schützen will, bei den Verantwortlichen eine journalistische Denke breitmachte.

Mehr Kritik. Noch immer kümmern sich viele Sportredaktionen in den Landessendern nur widerwillig um Hintergründe des Sports. Enthüllungen kommen meist aus Köln, aus ebenjener Redaktion, die sich inzwischen mehr als alle anderen müht, Verfehlungen in den Leibesübungen mit eigenen Recherchen offenzulegen, statt bloß über sie zu berichten, wenn Zeitungen und Magazine etwas auf den Markt schmeißen. Stets muss der WDR mit seiner Handvoll Fachredakteuren den gesamten Senderverbund bedienen - wie auch bei den jüngsten Biathlon-Übertragungen, die vom RBB betreut wurden. In den Landessendern fehlt es bislang vielfach an Kompetenz. Bei Anstalten, die von der Allgemeinheit finanziert werden und die einem öffentlichen Auftrag folgen, ein absolutes Unding.

Bessere Moderation. Sie muss zupackender werden. Die Zeiten, in denen Leistungen nur in den Himmel gelobt werden, sind von gestern. Zu viel ist über Machenschaften bekannt, an denen sich auch vermeintliche Helden immer wieder beteiligt haben. Da kann es nicht sein, dass etwa der Sportchef des SWR, Michael Antwerpes, abschließend von "allerbester Samstagabend-Unterhaltung" sprach, nachdem Mitte März Wintersport mal eben in der Prime-Time ausgestrahlt wurde. Auch wenn sich die Masse der Zuschauer Euphorie wünscht: Mehr Verantwortungsbewusstsein würde dem ARD-Sport gut stehen - und dem Sport langfristig helfen.

Keine Nebentätigkeiten. Wieder ist das Beispiel Antwerpes, der wie kein anderer Sendungsverantwortlicher im ARD-Sport ständig vor der Kamera steht. Wie der Kölner Stadt-Anzeiger jüngst berichtete, ist der einstige ZDF-Mann äußerst fleißig darin, seine Urlaubskasse aufzubessern. Er moderierte nicht nur bei der Einführung eines neuen Porsche-Modells und der Concours dElégance (Daimler), sondern führt auch auf der Messe Interboot regelmäßig durchs Publikum, wie er auch die jüngste Mode der deutschen Olympioniken präsentierte. Balkausky wird sich fragen müssen: Ist es länger vertretbar, dass einige seiner Leute die Glaubwürdigkeit der ARD in Gefahr bringen?

Bessere Sendeflächen. Ein einziges Mal hat die ARD in den vergangenen Jahren Courage gezeigt und einen großen, investigativ angelegten Film zu den Hintergründen des Sports ins reguläre Programm gehoben. "Blut und Spiele" zu den Verfehlungen im Radsport und in der Leichtathletik schien zunächst wie ein Sinneswandel, blieb aber allein. Ebenso bezeichnend: Einzig der WDR - mal wieder die Kölner - haben mit "Sport Inside" für Hintergründiges eine wöchentliche Spielwiese freigeräumt. Die anderen Sender sträuben sich zu sehr, den Sport anzupacken, und bieten lieber braves Hausfernsehen für ihre Klubs im Sendegebiet. Sie tätscheln die Funktionäre lieber - oder skandalisieren, wenns eh schon zu spät ist.

Weniger Sportarten. Der Irrsinn, auch Disziplinen in der Hoffnung zu pushen, es könnten sich ja auf irgendeiner Bahn, an irgendeinem Hang, auf irgendeiner Schanze, Piste oder Eisfläche schon ein paar Nationalhelden finden lassen, muss ein Ende finden. Erst war es das wiederentdeckte Boxen, dann das Skispringen, jetzt das Biathlon und all die anderen alpinen Abwandlungen. Gut, dass Curling keine Quote verspricht. Oder?

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