Kreditskandal in Bayern: Oberster Medienwächter unter Druck

SPD und Grüne fordern den Rücktritt von Bayerns oberstem Medienwächter. Die CSU hat vorher aber noch ein paar Fragen.

"Am besten hätte man es gleich gesagt": Wolf-Dieter Ring. Bild: dpa

"Das sieht nicht gut aus", sagt Wolf-Dieter Ring, der Präsident der bayerischen Medienanstalt, als die Sitzung fast zu Ende ist. Seine Sätze stocken, er beugt seinen Kopf nach unten, ganz nah ans Mikrofon. "Am besten hätte man es gleich gesagt." Bis zu diesem Dienstag war Ring für vieles bekannt, nur nicht für harte Selbstkritik. Doch Bayerns oberster Medienwächter steht unter Druck - wie nie zuvor in über 18 Jahren im Amt.

Am Mittwochmorgen forderten im Bayrischen Landtag Grüne und SPD nun auch seinen Rücktritt. Das ist weit mehr als ein Showmanöver der Opposition. Ring hat offensichtlich den Rückhalt bei der Staatsregierung wie der CSU verloren. Bislang hatten sie sich jahrelang schützend vor den Chef der Landeszentrale für neue Medien (BLM) gestellt. Ring ist zwar selbst kein CSU-Mitglied, den Regierenden aber seit seinen Jahren als Medienpolitik-Referatsleiter in der Staatskanzlei unter Franz Josef Strauß eng verbunden. So sitzt Ring auch in der CSU-Medienkommission.

Der ganze Skandal spielt schließlich auch im engen Geflecht aus Partei und Privatfunklandschaft im Freistaat: Wie erst vor wenigen Wochen bekannt wurde, hatte der Politiker Klaus Kopka (CSU), bis 2003 Vorsitzender des Medienrats der BLM, während seiner Amtszeit private Kredite über 215.000 Euro von den Gesellschaftern des umstrittenen TV-Anbieters Camp TV erhalten. Der Medienrat ist das oberste Kontrollgremium der BLM - und deren oberster Kontrolleur hatte sich abhängig gemacht. Auch wenn man bei der BLM beteuert, Kopka habe nie "einen Finger krumm gemacht" für Camp TV. Ring wusste seit 2003 von den Krediten - und schwieg sechs Jahre lang.

Aber nun geht die Regierung auf Distanz. "Die Darlehensannahme ist aus meiner Sicht nicht statthaft, unmöglich und nicht duldbar", sagte Bayerns Medienminister Siegfried Schneider bei einer Sondersitzung des BLM-Medienrats am Dienstag in München. Noch sei nicht klar, was für Konsequenzen sich aus dem Darlehen für die Behandlung von Camp TV ergeben hätten. "Hat man bei der Zuverlässigkeit des Anbieters genau hingeschaut?", fragte Schneider. Die Frage kann er eigentlich schnell beantworten: Schneider sitzt selbst im Medienrat, der die Camp TV-Lizenz mehrmals munter verlängerte.

Camp TV geriet nämlich immer wieder unter Schleichwerbeverdacht: Tatsächlich deklarierte die BLM von 1.350 zwischen 1992 und 2009 beobachteten Sendungen des von Camp TV für Sat.1 und RTL produzierten Regionalprogramms "Bayern Journal" 378 als wegen Schleichwerbung "auffällig" - also volle 28 Prozent! "Ist das üblich im privaten Rundfunk?", fragte der Minister scheinheilig. Am Dienstag präsentierte Ring nun einen 48-seitigen Bericht über die Affäre, den Staatsregierung wie Opposition gefordert hatten (im Netz unter www.blm.de).

Und schon wieder musste der einflussreiche BLM-Präsident zugeben, nicht die ganze Wahrheit gesagt zu haben: Laut Bericht erfuhr die BLM schon im November 2002 aus einer Bilanz von Camp TV von den Krediten. Ring selbst will allerdings erst im Frühsommer 2003 von den Krediten erfahren haben. Bislang sagte Ring, er habe darüber nur zwei weitere Personen - den heutigen Medienratsvorsitzenden Erich Jooß und BLM-Verwaltungsratschef Manfred Nüssel - informiert. Jetzt heißt es im Bericht, auch der BLM-Geschäftsführer sei eingeweiht gewesen. Das Papier dokumentiert auch, wie wenig Ring damals aktiv wurde: "Die Geschäftsleitung sah dazu keine Veranlassung", lautet im Bericht die Antwort auf die Frage, was getan wurde, um ähnliche Fälle in Zukunft zu vermeiden.

"Mir bleibt der Eindruck haften, dass die Dimension des Vorgangs bei Ihnen nicht wirklich angekommen ist", sagte die Grünen-Politikerin Ulrike Gote zu Ring. Der wehrte sich nicht gegen die Vorwürfe und meinte nur zahm, die Kritik nehme er gerne mit.

Doch das wird zu wenig sein.

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