Englischsprachige Zeitungen aus Deutschland: Sommers "Times"

Drei englischsprachige Zeitungen aus Deutschland sollen den Dialog mit der Welt fördern. Spiritus Rector ist Ex-"Zeit"-Chef Theo Sommer.

"Amerika-freundlich, aber auch Bush-kritisch" - die "Times" von Theo Sommer. Bild: dpa

Ein langer Flur mit weichem Teppich, Gemälde an den Wänden, sanftes Licht strahlt von der Decke - es ist eine angenehme Atmosphäre, in die man sich begibt. Hier entstehen gleich drei Zeitungen, von denen bislang die wenigstens gehört haben dürften: Wir befinden uns in der Redaktion von The Atlantic Times, The German Times und The Asia Pacific Times.

Am Anfang stand Theo Sommer, ehemals Chefredakteur und jetziger Editor-at-Large der Hamburger Die Zeit - und die Vision, eine Zeitung zu schaffen, die die Brücke von Deutschland nach Amerika schlagen sollte: Beim Abendessen - Gesprächthema: transatlantische Beziehungen - entwarfen Sommer und der Verleger Detlef W. Prinz die Idee zur Atlantic Times.

Seit Oktober 2004 erscheint das Blatt mit monatlich 50.000 Exemplaren auf Englisch aus Deutschland für Amerika. "Dahinter steckt die Einsicht, dass die Welt immer mehr zusammenwächst. Durch besseres gegenseitiges Verständnis soll das Zusammenleben gestärkt, soll der transatlantische Rahmen gefestigt werden", sagt Theo Sommer.

Damit besetze die Zeitung eine Lücke in der Printlandschaft, sekundiert Bruno Waltert, als Chefredakteur für alle drei Titel verantwortlich: "Es gab bisher kein Organ, das in englischer Sprache deutsche Interessenlagen beschreibt. Amerikaner, die Europa bzw. Deutschland sonst kaum wahrnehmen, sollen die Gelegenheit haben, mehr über deutsche Politik und Wirtschaft und über europäische Gepflogenheiten zu erfahren."

Nachdem auf The Atlantic Times positive Resonanz folgte, kam eins zum anderen: Im Januar 2007 erschien die erste German Times, die sich an Europa richtet, und seit Oktober 2007 gibt es nun auch monatlich die Asia Pacific Times - zur "Stärkung des Dialogs mit dem asiatischen Raum".

Die German Times wird wie die antlantische Schwester 50.000-mal, die Asien-Edition derzeit 30.000-mal gedruckt. Alle drei Titel richten sich weniger an die breite Öffentlichkeit, sondern an "Entscheider" aus Politik und Wirtschaft, an Wissenschaftler und Medienmenschen.

Daher werden die Zeitungen kostenlos an die rund 7.000 Abgeordneten der verschiedenen Parlamente in den EU-Mitgliedstaaten verteilt, außerdem an alle nationalen Regierungen. Die Atlantic Times dürfen auch die Abgeordneten des US-Repräsentantenhauses und Senatoren wie Hillary Clinton und Barak Obama lesen. Und ein nornales Abonnement steht jedem offen.

Zu 60 Prozent finanzieren sich die im für deutsche Lesegewohnheiten im ungewöhnlich langen US-Tabloid-Format erscheinenden Zeitungen aber über Anzeigen. Die Redaktion, die den Brückenschlag zwischen Deutschland und der Welt stemmen soll, ist überschaubar: Gerade mal 11 Redakteure und rund 20 Übersetzer arbeiten in den drei Ressorts Politik, Wirtschaft und Leben.

Thematisch deckt man so ein breites Feld ab: angefangen bei Europas Bedarf, seine Asienstrategie auszubauen, über die Gehälter deutscher Manager bis hin zu Porträts über Asiaten, die in Deutschland leben. Rund 40 Prozent des Inhalts sind bei allen drei Ausgaben identisch - wie der Leitartikel von Theo Sommer. Neben dem festen Redaktionsstamm schreiben zahlreiche freie Autoren für die Blätter, darunter auch taz-Kollegen.

Vor allem aber sollen repräsentative deutsche Stimmen zu Wort kommen: Angela Merkel, Altkanzler Gerhard Schröder und Henry Kissinger haben mit ihren Artikeln bereits zum Dialog mit der Welt beigetragen. In der aktuellen Februar-Ausgabe der Atlantic Times schreibt Zeit-Herausgeber und der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt an die "Dear Americans."

Was dabei herauskommt, liest sich wie eine Synthese der Regierungspositionen seit 1998: "Wir sind Amerika-freundlich", sagt Sommer, "aber auch Bush-kritisch." Sein Ansatz: "offen diskutieren, auch wenn es Differenzen gibt" - klingt durchaus etwas staatstragend.

Dass Sommer von sich aus sagt, die Zeitungen seien "weder finanziell noch ideell Regierungsblätter", spricht für sich. Den Eindruck könnte man sonst nämlich bekommen.

Diese Aura und das latent Große des Sommer-Times-Ansatzes hat sich auch auf die Einrichtung der Büros niedergeschlagen: Im Stucksaal, in dem Redaktionssitzungen stattfinden, hängen gleich drei Flaggen: die deutsche, die der EU - und das Sternenbanner.

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