Hamburger Rebellion: Mopo-Redaktion wehrt sich

Angst vor Synergien: Die "Hamburger Morgenpost" fürchtet um ihren Status als Vollredaktion und protestiert, als Geschäftsführer Josef Depenbrock zu Besuch ist.

"Mopo"-Leserin in Hamburg: Die Redaktion fürchtet, bald nur noch Wurmfortsatz des "Berliner Kuriers" zu sein Bild: dpa

Der Versuch eines Ausblicks ist gescheitert: Die Fenster waren abgeklebt. Mit Plakaten und Handzetteln.

"Demontage der Morgenpost" stand darauf, "Morgenpost muss Vollredaktion bleiben", "Hände weg von der MoPo" oder "Motivation statt Angst!" - "der ganze Scheiß" eben, wie ein Mitarbeiter der Hamburger Morgenpost sagt. Markige Sprüche, mit denen man verhältnismäßig wenig Inhalt vermittelt - von dem einen abgesehen: dass es für die Mecom-Chefs noch eine weitere Belegschaft gibt, die sich gegen die Sparpläne richtet.

Nach der Berliner Zeitung hat sich auch die Hamburger Morgenpost - die ebenfalls zum britischen Medienkonzern Mecom gehört - zu Protestaktionen gegen die eigenen Eigner entschlossen. Erst hatte sie einen Protestbrief in die eigene Zeitung heben wollen, dann erschien eine Nachtausgabe nicht, weil die Redaktion bei einer Versammlung war. Und nun die Plakate - pünktlich zum Besuch des Chefs.

Josef Depenbrock, Herausgeber der MoPo und als Geschäftsführer der BV Deutsche Zeitungsholding, der deutschen Mecom-Abteilung, der deutsche Kontaktmann für Mecom-Vorstandschef David Montgomery, war nach Hamburg gekommen, um sich in einer Betriebsversammlung den Fragen der Mitarbeiter zu stellen, zu Gegenwart und Zukunft der Zeitung. Doch es verhielt sich wie mit dem Versuch, am Montag aus den Fenstern des MoPo-Gebäudes zu blicken: Ausblick gescheitert. 2008, sagte Depenbrock, werde sich für die MoPo journalistisch nichts ändern. Politik- und Sportressort sollen weiter von Hamburg aus arbeiten. Aber, wie ein Mitarbeiter sagt, eben "nur 2008".

Seit Wochen fürchten die Hamburger um ihren Status als Vollredaktion und begründen ihre Sorge mit der Unternehmenspolitik der Mecom - die Schaffung von Synergien spielt da eine entscheidende Rolle. Und da auch die Boulevardzeitung Berliner Kurier zur Mecom gehört, "würden sich Synergien hier selbstverständlich anbieten", wie es aus der Belegschaft heißt. Die "traditionsreiche Morgenpost" könne sich so "zum Wurmfortsatz des Berliner Kuriers entwickeln".

Korrektorat, Vertrieb, Marketing und Abo-Betreuung sollen demnächst nach Berlin transferiert werden, der überregionale Sportteil, die Politikredaktion und die überregionalen Anzeigen seien, heißt es im Betriebsrat, geplante Transferobjekte. Für die Sonntagsausgabe übernimmt die MoPo bereits etwa 60 Prozent der Inhalte des Berliner Kuriers, und ein Indiz, dass die Zusammenarbeit verstärkt werden soll, findet man in Hamburg darin, dass am Tag, nachdem die MoPo-Nachtausgabe nicht erschienen war, ein vierköpfiges Team des Berliner Kuriers nach Hamburg geschickt wurde, um die Produktion sicherzustellen.

Zudem geht, wie am Freitag bekannt wurde, MoPo-Geschäftsführer Frank Willers - die nächste Führungsposition, besetzt mit jemandem, der nicht die Mecom-Linie vertrat, wird damit frei. Schon Chefredakteur Matthias Onken war aus Protest gegen die Mecom-Sparpläne gegangen.

Willers setzte auf Wachstum durch Nebengeschäfte - worunter alles fallen könnte, was heute von Zeitungen eben so nebenbei verkauft wird, Wein etwa oder Bücher. Depenbrock aber betonte am Montag vor der Belegschaft, er setze auf den Status quo - was die Redaktion als Verweigerung von Investitionen in die Zeitung interpretiert.

Eine Frage, die sich 2006, als die Mecom die Hamburger Morgenpost kaufte, noch stellte, scheint allerdings doch geklärt: "Wenn die Vollredaktion erhalten bleibt, kommen wir gut miteinander aus", sagte Holger Artus damals, der Betriebsratsvorsitzende; "wenn der Politikmantel aus Berlin kommen soll, hat Montgomery uns zum Gegner." Nun hat Montgomery sie eben zum Gegner.

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