Arbeitsschutz am Filmset: Täglich 18 Stunden Teamwork

In der Filmbranche sind lange Arbeitstage die Regel. Laut Gewerkschaften hat sich das Problem verschärft. Doch konkrete Verstöße nachzuweisen, ist schwierig.

Bis an die Leistungsgrenze: Bei den Dreharbeiten für "Die Grenze" müssen Mitarbeiter auch mal 20 Stunden durchhalten. Bild: dpa

BERLIN taz | Vor ein paar Wochen wurde es einem zuviel. Beim Film wird immer viel gearbeitet.Aber bei den Dreharbeiten von "Die Grenze" gab es durch heftige Unwetter Verzögerungen und dann einige 18-Stunden-Tage. Das geht bei drei Monaten Drehzeit an die Knochen.

Der Unbekannte rief das Amt für Arbeitsschutz Berlin an. Zwei Kontrolleure erschienen am Set. Sie fragten, wer wann anfing, ließen sich Produktionspläne zeigen. Nach Schilderungen von Setmitarbeitern forderten sie: "Machen Sie jetzt Schluss!". Bevor sie gingen, drohten sie, jeden Tag vorbei zu kommen. Seitdem ist nach 12 Stunden Drehende.

Die Acht-Millionen-Euro-Produktion von Teamworx für Sat.1 ist kein Einzelfall, was die Arbeitsbedingungen angeht. "Wir hören eine ganze Menge in letzter Zeit", sagt Kathlen Eggerling vom Verdi-Projekt connexx.av, das sich um Filmbeschäftigte kümmert. "Das Problem hat sich verschärft." Früher habe sich nie jemand beschwert, sagt Monika Zachert, Referatsleiterin beim Amt für Arbeitsschutz Berlin. Die Behörde führt Kontrollen - vier in diesem Jahr - nur nach Hinweisen durch. "Im Moment können wir gar nicht allen Hinweisen nachgehen."

Ihre Hamburger Kollegen haben in diesem Jahr immerhin ein Dutzend Produktionen besucht. "Der Leidensdruck beim Film muss sehr hoch sein, bis sich einer beschwert", sagt Dieter Deitenbeck, Bereichsleiter beim Amt für Arbeitsschutz. Bußgelder wurden bislang keine verhängt - bis zu 15.000 Euro pro Verstoß sind möglich.

Es ist schwierig, konkrete Verstöße nachzuweisen. "Wir können nicht den ganzen Tag mit der Stoppuhr dastehen", sagt Zachert. Der gültige Übergangstarifvertrag sieht vor, dass die vom Arbeitszeitgesetz festgeschriebene Maximalarbeitszeit von zehn Stunden am Tag überschritten werden kann, wenn "regelmäßig und in erheblichem Umfang bezahlte Arbeitsbereitschaft" vorliegt. Darauf berufen sich die Produzenten gerne.

"Bei einer Filmproduktion arbeiten nicht alle die ganze Zeit wie am Fließband.", sagt Johannes Kreile, Geschäftsführer der Sektion TV der "Allianz Deutscher Produzenten - Film & Fernsehen". Mehr als 12, 13 Stunden Arbeit am Tag seien sowieso "der absolute Einzelfall".

Bis zu 20 Stunden Arbeit

Für viele Filmleute klingt eine solche Aussage wie Hohn. 14, 16, manchmal auch bis zu 20 Stunden Arbeit am Tag gebe es immer wieder, berichten Brancheninsider. Pausen stünden oft nur auf dem Papier, die vorgeschriebenen elf Stunden Ruhezeit würden nicht immer eingehalten. Die Betroffenen reden nur, wenn ihr Name nicht in der Zeitung steht. Zu groß ist die Angst, keinen Job mehr zu bekommen.

Nicht alle finden es schlimm, wenn länger gearbeitet wird als die üblichen 50 Stunden in der Woche, denn Überstunden werden meist gut vergütet. Doch immer mehr spüren gesundheitliche Folgen.

Ob die Produktionsfirma Teamworx Konsequenzen aus dem Fall "Die Grenze" zieht, ist laut Sprecherin Anja Käumle offen. Man wolle das Ergebnis der Tarifverhandlungen abwarten. Wichtig seien auch künftig "flexible Rahmenbedingungen, um den Besonderheiten in den Arbeitsbedingungen der Branche Rechnung zu tragen".

Im neuen Tarifvertrag für die rund 25.000 auf Produktionsdauer beschäftigten Film- und Fernsehschaffenden in Deutschland soll eine tägliche Maximalarbeitszeit festschreiben werden. Verdi fordert eine Obergrenze von zwölf Stunden, die Produzentenallianz geht davon aus, dass man sich auf 13 Stunden einigen wird. Davon soll es nur ganz wenige Ausnahmen geben.

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