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Ergebnis der langen Grand-Prix-NachtRussland wird Eurovisionssieger

Seit vierzehn Jahren nimmt Russland am Eurovision Song Contest teil - diesmal konnte der Sänger Dima Bilan den Sieg nach Hause holen. Die No Angels hingegen gingen völlig unter.

Dima Bilan hiess ihr Kandidat - und er hat die Hoffnung der Nation erfuellt. Zehn Millionen Euro hat man in ihn investiert, hat in seine Show einen Eiskunstläufer wie Ewgeni Pluschenko installiert, ihn auf dem Bühnenboden der Belgradska Arena räkeln lassen, als sei's ein guter Ziehsohn des Iren Johnny Logan, der 1980 und 1987 gewann. Russland gewann 14 Jahre nach seiner ersten Teilnahme den 53. Eurovision Song Contest in Belgrad - das mächtigste Kultur- und Popfestival Europas. Den zweiten Platz belegte die Ukraine vor Griechenland, Armenien und Norwegen.

 

Bilan liess sich in der Nacht zum Sonntag von den gut 700 Fans aus Russland für seinen Sieg mit der in der US-amerikanischen Timbaland-Stube arrangierten Produktion namens "Believe" feiern - und sagte strahlend: "Frauen sind meine Lieblingsmenschen". Zu lesen war dies auch als Statement gegen die schwulen Fans, die in ihm ihren Kuschelteddyhelden entdecken wollten. Bilan aber, ganz heterosexueller Sohn seines Landes, zerstreute diesbezügliche Gerüchte wohl im eigenen Geschäftsinteresse umgehend.

 

Deutschlands Kandidaten, der Vier-Frauen-Act No Angels, belegte einen desaströsen letzten Platz - den 24. Rang teilten sie sich mit dem Vertreter Grossbritanniens, Andy Abraham. Die No Angels erhielten lediglich die volle Punktzahl aus Bulgarien; dort hatte Lucy, pumuckeliger Rotschopf der Girlgroup, im Fernsehen in einer eigenen Show tüchtig Werbung gemacht. Weitere zwei Zähler gab es aus der Schweiz, ansonsten konnte Deutschlands Lied "Disappear" in den anderen 42 Ländern kein Gehör finden - was möglicherweise an der eher konventionellen, wenig melodiösen Strickart ihres Songs gelegen hat.

 

Die Show bestach mit einer in der Contest-Geschichte nie dagewesenen Farbenpracht, in der die Vorjahressiegerin Marija Serofivic mit dem Eröffnungsteil ein mitreissendes Plädoyer fuer die queere Liebe lieferte - ein Tanz von Frauen mit Frauen, die einander Kusshände zuwerfen auf dem Weg zum Liebes- und Traualtar.

 

Kaskaden an Licht, an Pyrotechnik, versenkbaren Podesten und Accessoires wie Wäscheleinen und strickende Chorsängerinnen: In Sonderheit Bosnien & Herzegowina wussten mit ihrem Beitrag anzudeuten, dass aus den postjugoslawischen Republiken jede Menge Musik kommen wird, die mit Schmalz und Schwulst nichts zu hat.

 

Die Legende von der osteuropäischen Dominanz bei den Wertung erwies sich auch dieses Jahr als Mär: Russland hätte auch gewonnen, wenn nur jene Länder abgestimmt hätten, die am Finale beteiligt waren; oder auch dann, wenn nur jene Länder votiert hätten, welche schon vor dem Fall des Eisernen Vorhangs am Eurovision Song Contest teilgenommen haben.

http://www.eurovision.de/

Der NDR erklärte noch in der Nacht zum Sonntag, dass man das Resultat sportlich nehme, obwohl man selbstverständlich ueber das Ergebnis enttäuscht sei. Andererseits, so Thomas Schreiber, beim NDR Leiter des Programmbereichs Kultur/Fernsehen, akzeptiere man demokratische Voten. An Verschwörungstheorien wolle man sich nicht beteiligen. Man werde sofort mit der Arbeit für das nächste Jahr beginnen, denn, so hiess es, "nach dem Eurovision Song Contest ist vor dem Eurovision Song Contest".

http://www.eurovision.de/

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