Attac auf dem Kirchentag: Das lila Kamel

Die Globalisierungskritiker von Attac werben auf dem Kirchentag für ihr Programm: Mit Peepshow, Flashmob und einer Finanz-Resolution, die hunderte Menschen unterstützen.

Das Symbol des Kamels spielt auf einen biblischen Spruch an. Bild: mattk1979 / Lizenz: BY-SA

MÜNCHEN taz | Wer den Mund spitzt, muss auch flöten können. Die globalisierungskritische Organisation Attac hatte stets moniert, dass die Kirchentage zu harmlos gewesen seien und eine zu prominente Plattform für die Eitelkeiten der Politiker darstellten. Dieses Jahr in München hatte Attac einen eigenen Akzent zu setzen gewusst – symbolisiert in einem wirklich sehr schmucken, gleißend-violetten Kamel.

Seit dem Beginn des Münchener Kirchentags sah man auch die Ansteckvariante: Kamele auf der Brust der Kirchentags-Besucher. Wer sie trug, signalisierte: Wir brauchen mehr Auseinandersetzung über soziale Gerechtigkeit. Laut Jutta Sundermann vom Attac-Netzwerk hatten sich 15.000 Menschen den Button angesteckt. Außerdem wurde ein fast lebensgroßes lila Plüschkamel auf eine Reise durch die Messehallen geschickt. Das Symbol des Kamels spielt an auf den biblischen Spruch, eher gehe ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher ins Reich Gottes gelange.

Der Sozialethiker Friedhelm Hengsbach unterstützt die Aktivitäten: „Die kirchlichen Aussagen zur Krise des kapitalistischen Systems werden immer matter, der Papst ist ein zahnloser Papiertiger“, sagt er. Er sei froh, dass wenigstens die Basis mit Aktionen und Veranstaltungen für soziale Gerechtigkeit mobil mache.

Attraktion auf dem Kirchentag: Das lila Kamel. Bild: michael schäfers

Am Freitag hatten Attac-Mitglieder außerdem einen Flashmob außerhalb der Messehallen organisiert, zu der nach Angaben der Veranstalter 250 Menschen kamen. Um Punkt 12.50 Uhr begannen diese vorher völlig unauffällig wirkenden Teilnehmer plötzlich Lärm zu machen – genau eine Minute lang schrien, klatschten, pfiffen und trampelten sie, um sich dann, den Slogan „Fair teilen statt sozial spalten“ skandierend, einer Kamelkarawane anzuschließen.

Am Freitagnachmittag dann war Attac auf einer Podiumsdiskussion zum Thema „Alternativen im Kapitalismus – Alternativen zum Kapitalismus“ vertreten und hat einen eigenen Stand in Halle B4, wo in einer „Peepshow“ über die Auswirkungen der liberalisierten Finanzmärkte informiert wird sowie Unterschriften für die laut Attac dringend notwendige Einführung der Finanztransaktionssteuer gesammelt werden.

Diese wurde am Samstagnachmittag als Resolution beschlossen. Ein Erfolg: Resolutionen auf Kirchentagen sind keine Äußerungen desselben, müssen aber, wenn sie zustande kommen, über den Presseverteiler des Kirchentags geschickt werden. Mindestens 100 Menschen erklären dabei durch ihre Unterschrift ihre Unterstützung für den Antrag, im Fall von Attac für die Finanztransaktionssteuer. Außerdem müssen mindestens 1.000 Teilnehmende bei der Veranstaltung anwesend sein, die die Resolution dann mehrheitlich beschließen können. Eine hohe Hürde, die die Attac-Resolution überwinden konnte.

Einziger Kritikpunkt von Attac auf diesem Kirchentag: Die Räume für die Veranstaltungen waren durch die Bank zu klein bemessen. Oft mussten Hunderte vor den Türen der Hallen bleiben. Das Konzept aber, mit pointierter Politiksprache auf das eigene Anliegen zu verweisen, ist aufgegangen. Kamele sind hübsche, weil violette Tiere!

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