Gemeinde gegen "Street View": Dorf wehrt sich gegen Google

Molfsee, ein kleine Gemeinde nahe Kiel, will verhindern, dass Google ihre Straßen ablichtet. Die Fotos könnten Einbrechern nützen, befürchten Kommunalpolitiker.

Aufstand gegen Google: Die Molfseer wollen keine Aufnahmen ihrer Häuser im Internet. Bild: dpa

Als erste deutsche Gemeinde will Molfsee bei Kiel dem Internetkonzern Google Fotoaufnahmen auf ihren Straßen verbieten. Einen entsprechenden Beschluss kündigten am Wochenende sowohl die CDU als auch die Unabhängige Wählergemeinschaft Molfsee an, die zusammen eine Mehrheit in der Gemeindevertretung haben. Wenn die Straßenbilder in der Suchmaschine zu sehen sein, wäre das wie eine Einladung für Einbrecher, sagte CDU-Fraktionschef Reinhold Harwart der taz.

Die Molfseer wenden sich gegen den Google-Dienst "Street View", der unter anderem in den USA bereits online ist. Er bietet 360-Grad-Panorama-Ansichten von Straßen vieler Städte. Damit sollen sich Nutzer zum Beispiel ein Hotel von außen anschauen können, bevor sie dort ein Zimmer buchen. Für die deutsche Version fahren Google-Mitarbeiter derzeit mit Kamerawagen durchs Land und schießen Fotos von den Straßen und allem in unmittelbarer Nähe: von Toren, Vorgärten und Häusern zum Beispiel. Auch Autos und Personen werden abgebildet (taz berichtete). Nicht nur in Molfsee befürchten Hausbesitzer, dass sich mit Hilfe der Fotos auch ein Einbruch vorbereiten lasse. Verbrecher könnten sich auf den Bildern in Ruhe angucken, wo es etwa Bewegungsmelder oder Zäune gibt. Datenschützer kritisieren, dass immer wieder Menschen auf den Fotos zu erkennen sein.

Mit dem Datenschutzrecht konnte das bisher nicht verhindert werden. Die Molfseeer wollen Google deshalb mit der Straßenverkehrsordnung stoppen: "Wir werden von ihnen eine Sondernutzungserlaubnis für die Straßen verlangen", kündigte CDU-Politiker Harwart an. "Sie können ja auch nicht einfach Tische oder Bänke auf die Straßen stellen, um Eis zu verkaufen. Für solche Fälle brauchen sie eine Genehmigung." Schließlich liege die Gebietshoheit bei der Gemeinde. "Sollte Google so eine Genehmigung beantragen, werden wir sie ablehnen", sagte Harwart. Falls der Konzern dennoch den Ort abfotografiert, will der CDU-Mann die Polizei rufen. Der Internetgigant zeigte sich von den Drohungen aus dem 4900-Einwohner-Ort unbeeindruckt. "Wir brauchen keine Genehmigungen", erklärte Google-Sprecher Kay Oberbeck. Sein Argument: Die Fotos würden von öffentlichem Boden aus geschossen. "Man sieht nicht mehr als jeder Fußgänger, der dort vorbei geht. Aber der kann sogar hinter die Hecke gucken, unsere Kameras nicht." Für Oberbeck steht deshalb fest: "Street View ist nicht das geeignete Tool für Einbrecher." Molfsee stehe zumindest derzeit nicht auf der Liste der Orte, die Google ins Visier nehmen will. "Wir konzentrieren uns auf Ballungsräume wie Hamburg, München und Frankfurt am Main." Im übrigen verwische eine Software automatisch Gesichter und Autokennzeichen.

Diese Argumente überzeugen Kritiker wie den Chaos Computer Club jedoch nicht. Sprecherin Constanze Kurz: "Es ist schon viel effizienter, sich die Bilder bei Google anzugucken als selbst zu den Häusern hinzufahren." Der Verfremdungssoftware rutschten immer wieder zum Beispiel besonders kleine Gesichter durch. Irgendwann werde der Konzern auch Molfsee ins Netz stellen. "Auf absehbare Zeit will Google die Welt abbilden, nicht nur Ballungsräume." Die juristischen Erfolgsaussichten der Molfseeer Initiative wollte die Clubsprecherin nicht bewerten. "Aber wir loben ihn schon deshalb, weil er eine Debatte anstoßen könnte, wie man sich gegen Google wehren kann."

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