Virale Video-Kampagne: Zum Wählen provozieren

Tagelang hat ein Video, in dem Prominente zum Wahlboykott aufrufen, für Verwirrung gesorgt. Nun erläuterten die Initiatoren die Kampagne. Es ist eine Aktion gegen Politikverdrossenheit.

Diskutieren, ob sie wählen gehen sollen: Regisseur Detlev Buck und Moderatorin Sandra Maischberger. Bild: Screenshot youtube

BERLIN taz | Virales Marketing funktioniert auch in Deutschland, soviel ist klar. Als in der vergangenen Woche etliche Promis per Youtube-Video zum Wahlboykott aufriefen, war die Aufregung nicht nur in Blogs und Internetforen groß. So genannte Qualitätszeitungen titelten „Jan Hofer ruft zum Wahlboykott auf“ oder „Promis üben sich in Wahlboykott“ und zwölf TV-Sender zeigten Ausschnitte aus dem Clip - von Ironieverständnis war wenig zu erkennen.

Das Wahlboykott-Video:

Jetzt haben die Macher der Kampagne mit einem zweiten Video die Auflösung geliefert: Ja, das erste Video war Ironie, ja, natürlich geht Jan Hofer zur Wahl, ja, auch Sandra Maischberger macht ihr Kreuzchen und ja, selbst Sarah Kuttner schreit jetzt „Geh hin“ in die Kamera. Die Tage der Verwirrung sind beendet.

„Natürlich wollten wir provozieren, Aufmerksamkeit und Widerspruch hervorrufen“, sagt Stefan Gehrke, Geschäftsführer von politik-digital.de, der Onlineausgabe der taz. Gemeinsam mit TV-Produzent Friedrich Küpperbuchsch hat politik-digital den Promi-Wahlspot produziert. Die Kampagne richtet sich gegen Politikverdrossenheit, die vor allem unter Jugendlichen grassiert und für eine bewusste Wahlentscheidung.

Die Auflösung:

Von dem Medienecho waren die Macher positiv überrascht. „Wenigstens von der Menge“, erklärt Gehrke. Dass viele Journalisten allerdings nur auf der Jagd nach reißerischen Überschriften waren und kaum recherchierten, sei so nicht erwartet worden.

Der geschickte PR-Gag hatte die US-Kampagne „Don´t vote!“ zum Vorbild. Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen hatten Dutzende Weltstars wie Leonardo Di Caprio, Halle Berry und Rapper Snoop Dogg ebenfalls per Videobotschaft zum Boykott aufgerufen. Am Ende des Clips wurde die Ironie allerdings direkt aufgelöst, nicht erst zehn Tage später.

Das amerikanische Vorbild:

„Wir haben das gezielt schärfer gemacht und wollte so mehr Unruhe erzeugen“, erklärt das Stefan Gehrke. Scheint geklappt zu haben. Über 130 000 Klicks hat das erste Video bei Youtube bisher, die Verwirrung war besonders anfangs groß. Viele User hatten die Ironie nicht verstanden, was Kommentare wie „Einfach und wahr, geht nicht wählen!“ oder „Hört nicht auf die!“ vermuten lassen.

Den Vorwurf, die Idee billig aus den USA geklaut zu haben, lassen die Initiatoren nicht gelten. „Ich reiße doch auch nicht die Sicherheitsgurte aus dem Auto, nur weil sie aus den USA kommen", rechtfertigte Friedrich Küppersbusch die Aktion. Eine gute Idee bleibt eine gute Idee.

Die Macher der Videos haben unter www.gehnichthin.de ein Forum eingerichtet, um über Politikverdrossenheit und die gesamte Kampagne zu diskutieren.

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