Netzpolitik-Enquête geplant: Politiker kommen Netz näher

Der Bundestag setzt eine Enquête-Kommission zum Thema "Internet und digitale Gesellschaft" ein. Netzpolitiker aus Parteien wie Bewegung begrüßen das prinzipiell.

"Zensursula" auf dem Filtertrip. Bild: Karsten Suehring – Lizenz: CC-BY-SA

Netzpolitik: ein Thema, das im vergangenen Jahr massiv an Bedeutung gewonnen hat. Es formierte sich eine digitale APO, mächtig wie nie zuvor. Die Piratenpartei, vorher versprengtes Häuflein, vervielfachte ihre Mitgliederzahl. Vielfach wurde – oft mit Recht – beklagt, dass die etablierten Parteien das Netz nicht verstehen.

Spätestens jetzt ist diese Entwicklung auch bei den etablierten Parteien angekommen: Der Deutsche Bundestag wird eine Enquête-Kommission zum Thema "Internet und digitale Gesellschaft" einsetzen.

Bürgerrechtler begrüßen dies. "Es ist gut, dass endlich über einen längeren Zeitraum fundiert zum Thema digitale Gesellschaft gearbeitet wird", sagt Markus Beckedahl von netzpolitik.org. Die Enquête biete vor allem auch die Möglichkeit, neue Wege bei der Einbindung von Experten und Bürgern zu gehen. Er denke da zum Beispiel auch an "Konsultationen über das Netz", sagt Beckedahl.

Der Bundestag kann nach § 56 seiner Geschäftsordnung Enquête-Kommissionen einsetzen. Enquête-Kommissionen arbeiten längerfristig zu einem bestimmten Thema, in ihr sitzen gleichberechtigt Experten und Parlamentarier. Am Ende ihrer Arbeit erstellt die Kommission einen Bericht, der nach Möglichkeit noch in derselben Legislatur im Parlament debattiert wird.

Ähnlich äußerten sich Malte Spitz und Konstantin von Notz von den Grünen in einer Presseaussendung. Sie wiesen zudem darauf hin, dass es "bitter nötig" sei, "Korrekturen in der bisherigen Netzpolitik vorzunehmen". Als Beispiele für die "bislang verfehlte Netzpolitik" nennen Spitz und Notz die heimliche Onlinedurchsuchung, Vorratsdatenspeicherung, und die Internetsperren, sowie "Bevormundung der Nutzer und die Überwachung des Netzes". Die Regierungskoalition müsse sich an ihrer Ankündigung, dass sie das Internet als "Ort der Freiheit" betrachte, messen lassen.

Die Bundesregierung hatte anlässlich der Einsetzung der Enquête-Kommission mitgeteilt: "Die Koalition von CDU, CSU und FDP hat sich im Koalitionsvertrag eindeutig zur Freiheit des Internet bekannt".

Der Spitzenkandidat der Piratenpartei zur NRW-Landtagswahl 2010, Nico Kern, sieht in der Einsetzung der Kommission "das Eingeständnis des Versagens in der Internetpolitik". Kern "stellt sich daher ernsthaft die Frage, ob die Abgeordneten, die in diese Kommission entsandt werden, für den Job wirklich geeignet sind." Der Koalitionsvertrag von Schwarz-Gelb weise prinzipiell in die falsche Richtung, so Kern – als Beispiel nennt Kern das im Koalitionsvertrag vereinbarte Leistungsschutzrecht für Verleger. Die Piratenpartei werde genau beobachten, wer in die Kommission aufgenommen werde, "bei diesem wichtigen Zukunftsthema darf es bei der Besetzung keine Lobbyinteressen geben."

Ähnlich sieht das auch Constanze Kurz vom CCC. Anders als die Piratenpartei gewinnt sie der Einsetzung der Kommission positives ab, räumt jedoch ein, dass deren Erfolg auch von der Zusammensetzung abhänge. "Interessant ist, wer die Sachverständigen sein werden", so die CCC-Sprecherin, an der Zusammensetzung entscheide sich, "wie relevant die Ergebnisse der Enquête sein werden".

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