Clinton kritisiert Internet-Zensur: Netzfreiheit-Mahnung empört China

Der Streit zwischen den USA und China über Freiheit im Netz verschärft sich. Das Pekinger Außenministerium reagierte nervös auf die Kritik von US-Außenministerin Clinton.

Im vergangenen Jahr wurden in China erneut zahlreiche Websites gesperrt. Bild: reuters

PEKING taz | Mit ihrer Kritik an der chinesischen Internet-Zensur hat die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton in ein Wespennest gestochen. Das zeigte die empörte Reaktion der Pekinger Regierung: Die USA sollten aufhören, "die sogenannte Freiheit im Internet zu benutzen, um ungerechtfertigte Anschuldigungen gegen China zu erheben", erklärte Außenamtssprecher Ma Zhaoxu vor Journalisten. Die Behauptung Clintons, China beschränke die Freiheit des Internets, sei "weit von der Wahrheit entfernt" und gefährde die Beziehungen zwischen beiden Staaten.

Die chinesische Verfassung schütze die Redefreiheit der Bürger, zudem ziele die Politik auf eine langfristige Entwicklung des Internets ab, betonte Ma. Gleichzeitig verwalte Peking das Netz - wie es international üblich sei - auf Basis von Gesetzen, die sich gegen Hacker und die Verletzung der Privatsphäre richteten. Ma: "Chinas Netz ist offen". Die Volksrepublik selbst sei Opfer von Hackerangriffen.

Die KP-Tageszeitung Global Times warf den USA in einem Kommentar sogar "Informationsimperialismus" vor. Die Forderungen der USA nach freiem Fluss der Informationen seien "ein verdeckter Versuch, anderen Ländern im Namen der Demokratie ihre Werte aufzuzwingen".

Damit hat sich der Ton zwischen Washington und Peking deutlich verschärft. Der Streit um das Internet hatte vor einigen Tagen mit der überraschenden Erklärung der US-Zentrale von Google begonnen, Opfer schwerer Hacker-Angriffe aus China geworden zu sein. E-Mail-Konten von Bürgerrechtlern in China seien gezielt angegriffen worden, hieß es. Die Firma kündigte zugleich an, künftig die von Chinas Behörden geforderte Selbstzensur der chinesischsprachigen Suchmaschine "google.cn" zu beenden.

Peking versuchte zunächst, den Eklat herunterzuspielen. Chinesische Medien und Wissenschaftler warfen Google vor, es suche nur einen Vorwand, um sich aus China verabschieden zu können. Die Firma habe es nicht geschafft, den Rückstand gegenüber dem heimischen Suchmaschinen-Konkurrenten Baidu aufzuholen. Baidu hat einen Marktanteil von über 60 Prozent, Google kommt auf gut 30 Prozent.

US-Außenministerin Clinton hingegen nahm nun den Fall zum Anlass, in einer Rede im Washingtoner Medienmuseum Newseum alle amerikanischen Unternehmen aufzurufen, sich gegen die Zensurvorschriften autoritärer Staaten zu wehren: "Ich hoffe, dass die Weigerung, politisch motivierte Zensur zu unterstützen, zum Markenzeichen amerikanischer Technologiekonzerne wird", sagte sie.

Auch der Privatsektor sei „verpflichtet, die Meinungsfreiheit zu schützen." Clinton weiter: "Länder, die freien Zugang zu Informationen verwehren oder Grundrechte von Internet-Nutzern verletzen, riskieren, sich selber vom Fortschritt des nächsten Jahrhunderts auszuschließen." Dabei stellte die Ministerin China in eine Reihe mit Staaten wie Nordkorea, Saudi-Arabien und Usbekistan.

Amerikanische Unternehmen sind allerdings nicht ganz unschuldig an der Zensur-Misere. Experten werfen Firmen wie Cisco vor, den Pekinger Kontrolleuren mit dem Verkauf von Technik und Know-How dabei zu helfen,die Nutzer zu überwachen und Webseiten sowie E-Mails zu filtern.

Rund 380 Millionen Chinesen haben Zugang zum Internet, nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua können in der Volksrepublik über 3,68 Millionen Webseiten und 180 Millionen Blogs angeklickt werden.

Dies Zahlen dienen der Pekinger Regierung als Beleg, dass Chinas Internet "offen" sei. In Wahrheit ist die Situation widersprüchlich: So sind mittlerweile eine Reihe fremdsprachiger Webseiten - etwa die des britischen Senders BBC oder der New York Times - zugänglich, während die Deutsche Welle nach wie vor gesperrt ist.

Besonders scharf durchforsten die Zensoren chinesischsprachige Webs und Foren, um zu verhindern, dass sich Gruppen von Kritikern organisieren. Auch Facebook und Twitter sind ebenso wie Youtube blockiert.

Im vergangenen Jahr wurden – unter anderem bei Kampagnen gegen Pornographie und Betrug - zahlreiche Seiten gesperrt, zu denen auch Kulturforen von ethnischen Minderheiten wie Mongolen, Tibetern und Uiguren zählten. Nach den blutigen Unruhen in der Westregion Xinjiang im Juli 2009 blieb das Internet für die 20 Millionen Bewohner - bis auf wenige Ausnahmen – vollständig verriegelt. Die Blockade wurde erst in dieser Woche teilweise wieder aufgehoben.

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