Arbeitsplätze: Billig Wäsche waschen

Belegschaft einer Glückstädter Wäscherei muss um ihre Jobs fürchten, weil das Uniklinikum Schleswig-Holstein Großauftrag an Dumpinglohn-Firma vergeben will.

Anketten aus Protest: Berendsen-MitarbeitInnen in Glückstadt. Bild: Markus Scholz

Für den Betriebsrat der Glückstädter Firma Berendsen und der IG Metall ist es entweder ein Fall für den Rechnungshof oder die Staatsanwaltschaft: Noch vor Ende der Ausschreibung für einen Großauftrag hat das in Kiel und Lübeck ansässige Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) der Glückstädter Großwäscherei den Auftrag der Notversorgung mit steriler Wäsche entzogen. Die 120 Beschäftigten der Wäscherei, die zu 80 Prozent von diesem Auftrag abhängt, fürchten nun um ihre Jobs und besetzten am vorigen Wochenende den Betrieb.

Am Montagmorgen allerdings hatten die Angestellten die Besetzung vorübergehend unterbrochen. "Die Patienten in Kiel und Lübeck sollen nicht unter der Situation leiden", sagt Uwe Zabel, Chef der IG Metall Unterelbe. Die Belegschaft erwägt, nach dem 1. Mai in den Hungerstreik zu treten, um zu verhindern, dass der Betrieb geschlossen wird.

Berendsen reinigt die Wäsche für das Klinikum seit fünf Jahren. 2009 war der Großauftrag im Volumen von fünf Millionen Euro allerdings neu ausgeschrieben worden. Den Zuschlag bekam die Rostocker Firma Sitex, weil der Konkurrent, der laut IG Metall untertariflich zahlt, preisgünstiger war. Berendsen dagegen ist Mitglied des Arbeitgeberverbandes Intex. Der hat mit der auch für die Textilbranche zuständigen IG Metall einen Tarifvertrag abgeschlossen.

Das Oberlandesgericht Schleswig hatte allerdings im letzten Jahr den Zuschlag für Sitex gestoppt und verlangt nun eine neue Ausschreibung. Während der Übergangszeit versorgte weiterhin Berendsen die UKSH, die privatisiert werden soll - mit einem Notversorgungsauftrag.

Nun ist dieser Vertrag überraschend zum 1. Mai gekündigt worden. Die Notversorgung soll nun Sitex übernehmen. Denn Sitex zauberte plötzlich einen Tarifvertrag aus der Tasche, den sie mit dem unternehmernahen DHV geschlossen hatte, dem zweitgrößte Mitgliedsverband im "Christlichen Gewerkschaftsbund" (CGB). Damit ist nach Auffassung von Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Jörg Biel (parteilos) die "Tarifbindung" hergestellt worden.

Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch 2009 entschieden, dass der CGB für gewerbliche Arbeitnehmer - wie die Berendsen Beschäftigten - keine Tarifzuständigkeit habe. "Die Wut unserer Kolleginnen und Kollegen ist groß", sagt Berendsen-Betriebsrats-Chef Antonio Gagliardi. "Die ,Geiz ist Geil'-Politik vernichtet in Glückstadt Arbeitsplätze." Mitten in der laufenden Ausschreibung das finanzielle Risiko eines Wechsels der Notfallversorgung einzugehen, "ist ein Fall für den Rechnungshof", schimpft Gagliardi. Vielleicht sei die Entscheidung auch schon vor Ende der Ausschreibung gefallen, so Gagliardi. "Dann ist das ein Fall für den Staatsanwalt."

Die IG Metall hat nun die Kieler Landesregierung aufgefordert, gegen "Dumpingverträge und Lohndrückerei" einzuschreiten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.