Investoren: Die Pläne der Scheichs

Abu Dhabi kauft sich nach Daimler auch bei Blohm + Voss ein. Die Scheichs investieren Milliarden in deutsche Industrien, die ihnen zukunftsträchtig erscheinen.

Scheich Hamdan bin Zayed Al Nahyan (Abu Dhabi MAR) besucht die Rendsburger Nobiskrug-Werft. Bild: DPA

Die Verträge sind noch in Kraft. Doch die staatliche Abu Dhabi MAR scheint entschlossen, das traditionsreiche Hamburger Rüstungsunternehmen Blohm + Voss bis Weihnachten von Thyssen-Krupp zu kaufen. Abu Dhabi MAR will jeweils zumindest 80 Prozent an den Bereichen Mega-Yachten, Reparatur und Schiffskomponenten übernehmen. Für den Bau von Militärschiffen soll mit Thyssen-Krupp ein neues Gemeinschaftsunternehmen gegründet werden. Der erfolgreiche U-Boot-Bau bleibt beim Essener Stahlkonzern.

"Unser Partner hat konkrete Aufträge an der Hand, sowohl im Militär- als auch im Yachtbereich", wirbt Thyssen-Krupp-Vorstand Olaf Berlien. Bereits im Sommer hatte der Wüstenstaat 90 Prozent der ebenfalls finanziell angeschlagenen Nobiskrug-Werft in Rendsburg übernommen. Nobiskrug baut Yachten, ist aber auch am Bau von Korvetten für die Deutsche Marine beteiligt. Auch bei der CMN-Werftengruppe in der Normandie ist MAR Mehrheitseigentümer. CMN baut neben Luxusyachten Patrouillenboote und andere militärische Spezialschiffe.

MAR äußert sich zu seinen Absichten bislang nicht. In Hamburg wie in Rendsburg dürfte es den Arabern jedoch um das Know-how der deutschen Schiffbauer gehen. Denn seit kurzem baut der Ölexporteur selbst eine eigene Schiffbauindustrie am Persischen Golf auf. Noch werden dort nur wenige Schiffe in wenigen Docks gewartet.

Wie in anderen Fällen geht es den prowestlichen Scheichs der Vereinigten Arabischen Emirate vermutlich um eine strategische Investition: Nach der Weltwirtschaftskrise dürften Handel und damit die Schifffahrt wieder kräftigen Rückenwind verspüren. Außerdem bauen viele Staaten derzeit ihre Kriegsmarinen aus. Vor diesem Hintergrund ist der zivile und militärische Spezialschiffbau in Europa durchaus zukunftsträchtig.

Abu Dhabi hat sich bereits an Daimler und MAN Ferrostahl beteiligt. Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel sieht darin kein Problem: "Die Staatsfonds aus den Golfstaaten verfolgen keine Strategien, um Deutschland zu enteignen." Der mehrfache Arbeitnehmer-Aufsichtsrat hält die arabischen Finanzmänner für "eiskalt". Sie verfolgten einen klaren Kurs, um aus der Wüste heraus zu kommen: Sie investieren in große und kleine Unternehmen im Westen, von deren Konzept sie überzeugt sind. Im Gegensatz zu Hedge-Fonds, die kurzfristig Profit erzielen müssen, verfolgten die Staatsfonds eine langfristige Strategie, sagt Hickel.

Auch der wirtschaftsnahe Nah- und Mittelost-Verein hält arabische Staatsfonds für die besseren Kapitalisten. "Sie sind nur an einer langfristigen Strategie interessiert und mischen sich operativ nicht ein", sagt eine Sprecherin des Vereins.

Seit den neunziger Jahren bereiten sich Abu Dhabi und die anderen Golfemirate auf ihre ölfreie Zukunft vor. Bis dahin hatte der Import von westlichen Konsumwaren und südostasiatischen "Billig"-Arbeitern im Vordergrund gestanden, doch jetzt heißt die Losung "Hightech und Diversifizierung", im Land selbst und international. Kapitalanlagen in langfristig attraktive deutsche Autokonzerne und Werften gehören dazu.

Der Kauf von Blohm + Voss benötigt noch die Zustimmung des mitbestimmten Aufsichtsrats, der Kartellbehörden und der Bundesregierung. Sie könnte den Einkauf aus dem Ausland nach dem Außenwirtschaftsgesetz untersagen, wenn sie "wesentliche Sicherheitsinteressen" der Bundesrepublik schützen will.

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